Als ich mich vor etlichen Wochen in der Anna-Amalia-Bibliothek umhertrieb und an die Bestandsgrenzen ihres klassischen Hörbuchprogramms stieß, da fiel mir beim Katalogeblättern Tellkamps „Turm“ ins Auge. Man hat ja von dem Mann gehört – und nichts Schlechtes –, sodaß ich mich kurzerhand entschied, es dürfe auch mal ein neuerer Roman sein. Vielleicht war ja was dran.
Vor wenigen Tagen holte ich die Vorbestellung (denn es war okkupiert gewesen) ab und zeigte mich zunächst etwas enttäuscht, da es sich keineswegs um ein Hörbuch, sondern eine Verfilmung handelte. Aber, was soll’s, dachte ich: Da bleibt mehr Zeit für die nun wieder anstehende Archivarbeit mit den Rechnungen und sonstigen Handschriften Goethes für meinen Conversations-Roman.
Gestern nun war ich in der rechten Gemütslage für einen DDR-Film – denn in den 80er-Jahren des ersterbenden „Arbeiter- und Bauernstaates“ spielt der „Turm“, d.i. in meiner Kindheit. Nun zweifelte ich nicht daran, daß man eine so nah zurückliegende Vergangenheit würde akkurat reproduzieren können. Immerhin müßten die Macher ja idealerweise ebenfalls gelernte DDR-Bürger sein und daher bis ins feinste Detail authentische Zustände darstellen. Et voilà, so war’s. Bis hin zu den Schaupielern übrigens, die, wie ich im Nachhinein feststellte, nicht von Ungefähr so überzeugend waren, sondern allesamt Kinder der DDR. Nicht nur sprachlich überzeugte das – wenngleich Dialekt nicht gesprochen wird, was vom großständtisch-bürgerlichen Milieu gerade in Sachsen immer vermieden wurde und ganz allgemein zu dem typischen Phänomen des gesucht und doch erfolglos hochdeutsch sprechenden Stadtsachsen führt – kurzum: nicht nur der Sprache nach fand man sich am rechten Ort wieder, sondern auch physiognomisch. Denn entgegen der Vorstellung, alle Menschen seien gleich, glaube ich, sogar innerhalb Deutschlands die Gegenden physiognomisch unterscheiden zu können, was auch zum Typus DDR-Bürger führt, welcher dann wiederum etliche Untertypen hat usw. Auch suchte ich gelegentlich im Bild hin und her nach Ungereimtheiten in der Requisite. Doch da war nichts zu bemängeln. Im Gegenteil begann ich von Minute zu Minute mehr, nicht schlecht zu staunen.
Zwar hebt es als typischer Gegenwartsfilm an, indem der erste Höhepunkt nicht erzählerischer oder inhaltlicher Art ist, sondern – was sonst? – eine Kopulation… aber daraufhin hat man richtiggehend das Gefühl, der Film sei auch der Machart nach in der DDR selbst gedreht. Nur mit dem großen Unterschied der ungeschönten Darstellung jenes Systems: Zunächst besteht die Einführung ganz harmlos in den kleinen alltäglichen Schnippchen, welche der DDR-Bürger so dem „System“ geschlagen hat – Vermeidung von Ansprachen in jenem nicht enden wollenden, floskelhaft-dümmlichen marxistisch-leninistischen Erziehungston, Sticheleien gegen die Mißstände der Mangelwirtschaft unter der Belegschaft und heimliches Lachen über die neusten Mängel- und Obrigkeitswitze –, das Ganze schlägt aber schleichend um (kann etwas schleichend umschlagen? Oh ja!) in den Denuntiations- und Opportunismus-Alltag, der dem Einzelnen entweder ein treu-duckendes Kuschen zur Auswahl stellt oder das Ende der Karriere, respektive das nicht Anlaufen derselben, das Ausstoßen und Sticheln bis in jedes Lebensdetail hinein.
Das ist aber nun bei weitem nicht das Interessante an diesem Film, obwohl es ganz gut ist, sich immer einmal wieder diese häßliche Seite der DDR-Gesellschaft vor Augen zu führen (auch konnte man in weniger exponierter Stellung sehr wohl ohne Repressalien sehr kritisch auftreten, das darf ebenfalls nicht vergessen werden – und natürlich ist das nur eine Seite: „Es war nicht alles schlecht.“). Sehr schön ist diese bedrückend-nervige Schulklassenatmosphäre übrigens auch an den zahlreichen westdeutschen Dokumentationen über die DDR aus den 80er-Jahren zu studieren, wo auch Produktionsbesprechungen und Schulungen des Arbeiterkollektivs gefilmt wurden, womit die sicher von Seiten der Gastgeber erwünschte Darstellung unfreiwillig die ganze langweilig-penetrante Ekelhaftigkeit des Systems offenlegten, das in Phrasen und Lippenbekenntnissen absurder, weil realitätsfernster und moralingetränkter Sprachregelungen sein eigentliches, erfolglos-manipulatives Krakenwesen zeigte.
Aber hieraus hören Sie freilich schon, was das eigentlich Bemerkenswerte an diesem Film (und sicher auch dem Roman) ist: Das ist ja wie heute! – Ja, eben.
Ich hatte ja nun schon beim Einlegen die DVD-Hülle kurz gesehen und selbstverständlich gleich bemerkt, daß hier „Das Erste“ verantworlich zeichnet. Der Film ist denn auch im Wesentlichen eine Produktion der gesamten Riege des gegenwärtigen Staatsfernsehens und seiner 20.000 Regionalprogramme. Wie bitte konnte das denn sein?
Denn dieser Film wird Szene auf Szene, d.i. mit jeder neuen sozialistischen Staatsformel, jeder Belehrung und Reumütigkeitsforderung bei begangenen Gedankenverbrechen, jeder Entlarvung der Penetranz des papageienartigen Nachsprechsystems aktueller und irrwitziger – irrwitziger vor allem deshalb, weil man einfach nicht begreifen kann, daß der Staatsfunk derartiges freiwillig produziert hat. Und die Entwarnung kommt denn auch auf dem Fuß: Produktionsjahr 2011.
Das waren ja noch, wiewohl Sie gleich aufmucken werden, andere Zeiten. Im Jahr 2011 war noch nicht einmal der erste große Bruch zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung in der jüngeren Geschichte vorgegangen, nämlich die erste Ukraine-Krise, zu deren Anlaß immerhin noch das Kabarett des Staatsfernsehens weidlich Kritik geübt hatte – heute undenkbar. Der einzige Kratzer an der Fassade der BRD war die Finanzkrise gewesen, die letztlich auch wirtschaftlich gerade einmal als unangenehmer Rempler – aber nicht mehr – gewirkt hatte und ohnehin von außen gekommen zu sein schien.
Ja, 2011, das war das Jahr, in deren Sommerferien ich „Kultur und Ingenium“ niedergschrieben hatte, im Dezember das Vorwort und im Frühjahr 2012 die Einleitung. Seit 2008 arbeitete ich daran. Und das sage ich, weil auch für mich damit evident wird, daß die Ignoranz, das Phrasenhafte und Unkritische, die lächerlichen Gedankenverbote bereits damals zumindest in der Wissenschaft freilich schon gang und gäbe war. Ja, das ganze Projekt „Kultur und Ingenium“ war ja entstanden, weil mir der akademische Betrieb in bald jeder Hinsicht krankhaft morsch vorkam und damit wahre Erkenntnis nur außerhalb desselben möglich schien. Also zugegeben: Wirklich anders waren diese Zeiten nicht, es roch bereits für den aufmerksam Schauenden in allen Ecken und Enden streng und bissig nach eben jener ideologischen Duckmäuserei – und selbstvertsändlich nach der allerorten mit Chuzpe vertretenen Fehlüberzeugung, die hierin all die etwas naiveren Gemüter zu befallen pflegt.
Jedenfalls aber war der Wahnsinn nicht so öffentlich ausgebreitet, daß ein solcher Film als eine offene Provokation hätte wirken müssen. Heute täte er es vollauf. Man kann ihn nicht anschauen, ohne immerzu an die Gegenwart zu denken, statt es für ein Historienstück zu halten (als was es 2011 noch vollauf gelten mußte). Ja, der Film verliert dadurch gänzlich seinen historischen Aspekt, mutiert zur reinen Anklageschrift, wenngleich gewisse Szenen, wie jene des tragbaren Kofferfernsehers, derart typisch DDR ausfallen, daß man wirklich in einem ausgesprochen tiefen Sinn an das Lebensgefühl jener Zeit erinnert wird. Und das, obwohl diese eher seltene Perspektive aus einem bürgerlichen Vorstadtmilieu, wo man auch in der DDR in Gründzeitvillen hauste, ganz und gar der Erfahrung der meisten DDR-Bürger widerspricht.
Damit könnte man diese Betrachtung bewenden lassen und die Sache verliefe als ein Kuriosum im Sande. Gleichwohl ist mir mit diesem Beitrag an einer ganz anderen Frage gelegen, nämlich wie viel Intention hinter diesem Stück steht, d.h. hinter diesem Roman (den ich mir für nach meinem Archiv-Marathon aufspare). Ist das schlicht eine Erzählung aus einer selbst erlebten, vergangenen Zeit, ist es also ein persönlich gefärbter Historienroman? Man könnte leicht annehmen, daß 2008, also eine Generation nach dem Mauerfall, ein guter Zeitpunkt für eine halb persönlich-nostalgische, halb historisch-kritische Rückschau sein könnte. Und daran wäre gar nichts auszusetzen. Es wäre denn ein Historienroman, der einfach das Glück hatte, daß Geschichte sich wiederholt. Auch daran wäre nichts auszusetzen. Ein Gedanke, der mich jedoch enorm reizt, ist, daß Tellkamp – so wenig ich den Mann kenne, und daher eben nur vermuten kann – bereits vor 2008 die Trajektorie erspäht hat, die sich heute vor unseren Augen in den primitivsten Sprachreglungen und ideologischen, sowie Systembekenntnissen prächtigster Absurdität ausspielt.
Denn noch einmal, 2008 war auch für mich der Beginn des endgültigen Ausstiegs. Für unmöglich halte ich es daher nicht, daß Tellkamp mit einem tieferen Blick für die Systemmechanismen durch Alter und geeignetere persönliche Erfahrung das zarte Pflänzchen manipulativer Indoktrination nicht nur erkannte, sondern mitsamt seinen natürlichen Folgen in einem sich immer weiter selbst radikalisierenden System und damit das heute erreichte Extrem vorausgesehen hat. Und dann wäre der schon so recht amüsante Treppenwitz der Geschichte dieses Romans nicht nur, daß der Staatsfunk selbst einen Film produziert hat, der wenig später bei klarem Verstand auf seinem eigenen Index stehen müßte, sondern Tellkamp dies auch noch bewußt herbeigeführt hat, also die Kritik am System so früh ausgesprochen war, daß selbst die Gedanken-Zensur dieser Zeit seine Tragweite noch bei weitem nicht abzuschätzen in der Lage war, und heute dieses lustig-absurde Schauspiel der Selbstradikalisierung des gegenwärtigen Systems offenlegt.
Freilich „offenlegt“ für wen? Wer schaut den Film noch, wie oft wird der Roman heute noch (neu) gelesen? Auch das sind letztlich nichts als jene kleinen Sticheleien und Alltagssiege gegen ein omnipotentes System der Gedankenkontrolle. Oder war es nicht doch das Ende jener Omnipotenz…
*
Habe den Film zu Weihnachten das erste mal gesehen. Die NVA Szene, die bei einem Rekruten den Tod durch tragen einer Luftnehmenden Gasmaske bewirkte, lässt Vergleiche zu heutigen Zwangsmaskeraden erkennen. Verblüffend. Doch im zweiten Teil wurde die Kameraführung zunehmend enger und Setbauten wirkten wiederholend, spartanisch. Insbesondere die Hochzeit ist mir diesbezüglich in Erinnerung.
Das GEZ Budget war anscheinend zu wenig. Wie heute wohl auch… .
Tellkamp’s Buch scheint dahingehend besser zu lesen als der Film.
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NVA? Hier ist auch ein Foto von NVA-Rekruten drauf. Habe mich schon gewundert, daß ich das nicht gesehen habe. Ist das ein Zweiteiler und ich habe nur den ersten gesehen?
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Ja, ist ein Zeiteiler 2h & 52 Min.. Eine BlueRay DVD gibts gebraucht für 3,29 z.B. beim Gebrauchtportal „Medi..ops“. Sie haben vermutlich nur den Ersten Teil geschaut?
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Wie schreibt man einen Roman? So wie man ein Bild zeichnet – von den ersten groben Umrissen (Über was will ich schreiben?) bis in immer feinere Details – oder in einem Guss? Vielleicht können Sie dazu mal einen Artikel verfassen.
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Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, gab es zwei Phasen, die schroff gegeneinander stehen: Die eine Phase, die bis 2008 reichte, wo Ignoranz regierte. Und die andere Phase, wo aus der Ignoranz das Nicht-Mehr-Widersprechen-Dürfen reifte, das auf jeden Fall ab 2015 begann. In der Zwischenphase, von 2008 bis 2015, formierte sich das Neue, zum Teil kaum erkennbar. Ich erinnere daran, dass man 2008 die Gegensätze in der Kreditkrise noch offen austrug: Deutschland als Gläubiger, Griechenland als Schuldner, und man hat sich dieser Tatsache gestellt. Heute? Würde man das bloße Ansprechen dieses Gegensatzes sofort vom Tisch wischen und mit EU-eigenen Schulden zuschütten. Ich glaube deshalb in dieser Einschätzung richtig zu liegen, weil ich mein ganzes Leben lang widersprach, und bis 2008 dafür ignoriert, und ab 2015 dafür gehasst wurde.
Nun, und das sollte man fairerweise auch sagen, treten wir in eine Phase, wo das Widersprechen-Wollen immer heftiger wird, was sich in meinem persönlichen Leben so auswirkt, dass ich nun von meinen eigenen Positionen wieder abrücke. Ich merke einfach, ich werde zur Mehrheit, und als Widerspruchsgeist will ich das nicht. Es dreht sich also Einiges, und vielleicht werden die Jahre von 2015-2023 als die verrückten Jahre Europas in die Geschichte eingehen, als der große Irrweg, den man wieder korrigieren mußte. So ziemlich alles, was man in dieser Zeit in die Wege leitete, wird an den Realitäten des Lebens scheitern, und damit das Schicksal der Bedeutungslosigkeit erfahren. Und der kleinbürgerliche Mief, der in solchen Zeiten immer aufsteigt, wird mit dem Widersprechen-Wollen auch wieder verschwinden. Kurzum: Man überschätzt das Heute, wenn man es mit der DDR vergleicht.
LG
A.Felsberger
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Es waren tatsächlich beide Teile auf der DVD. Aber der 2. Teil hat nichts wesentlich Neues gebracht. Eher eine Verschärfung dessen, was schon der 1. Teil gezeigt hatte. Es bestätigt daher mein Gefühl, das Ganze zeige von harmlosen Spielchen bis hin zum vollen Zugriff des Staates eine Radikalisierungskurve durch den ganzen Film.
Mangel in der Ausstattung ist mir allerdings nicht aufgefallen. Nur vielleicht die Häufung von überzogenen Szenen, die nicht mehr besonders realistisch wirkten, z.B. das plötzliche Hochfahren des NVA-Rekruten zur Gelegenheit der Hochzeit. Aber auch das ist sicher Teil dieser gewollten Radikalisierung der Zustände – also verzeihbar.
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Ja, ich denke, daß ist ein gutes Bild. So wie das Gemälde zunächst mit immer neuen Entwürfen skizziert, abgewandelt und schließlich vorgezeichnet wird, so wird an der Konzeption der Erzählung, an Figuren, deren Verhältnis usw. auch im Roman konzipiert, verschoben, umgearbeitet.
Vielleicht ist ein merklicher Unterschied, daß beim Schreiben schon in sehr frühem Stadium kurze Passagen und Szenen völlig ausgearbeitet werden können, die später bloß noch zur Einfügung bereit sind. Im Unterschied dazu gibt es zwar auch Ölskizzen, die bereits die Farbwirkung des Gemäldes prüfbar machen sollen, aber daß ganze Figuren oder Objekte schon detailliert ausgeführt werden, ist – glaube ich – beim Maler selten. Jedenfalls können sie dann naturgemäß nur abgemalt, aber nicht eingeklebt werden. Es gibt sicher auch geradlinigere Arbeitsweisen, z.B. wenn es sich um Bewußtseinsströme o.ä. handelt. Aber auch da handelt es sich ja nur um Passagen.
Daß ein Roman in einem fort geschrieben werden kann, halte ich für unmöglich, es sei denn der Autor hat ein fotografisch gutes Gedächtnis und führt die ganze konzeptionelle Verarbeitung im Kopf durch, bis sie ganz abgeschlossen ist. Ich glaube aber nicht, daß das je vorgekommen ist. Allerdings muß ich zugeben, daß ich mich mit Selbstbekenntnissen über die Art des Schreibens bei großen Autoren nie beschäftigt habe – also vielleicht gab es das.
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Sie sprechen von einer großen Veränderung im Jahr 2015. Und daraus schließen Sie, daß seitdem etwas gehörig falsch gelaufen ist, was man wieder korrigieren werde und deshalb ganz anders geartet sei als die Probleme der DDR. Verstehe ich das richtig?
Wenn Sie es wirklich aus der Reaktion auf Ihr eigenes Verhalten ablesen, dann ist das gut nachvollziehbar, hat aber eine ganz entscheidende Schwäche. An der Tatsache, daß eine immer größere Zahl von Menschen Ihnen zustimmt, ist eben nur diese Zustimmung abzulesen, nicht aber, daß sich in genau demselben Maße die tatsächliche Lage im Land, die solche Meinungsverschiebungen hervorruft, verändert hat. Meinungen, zumal öffentliche, ändern sich erst, wenn Fässer überlaufen. So wie man einem ungebührenden Verhalten eines Mitmenschen eine zeitlang zusieht und an einem gewissen Punkt „Schluß“ sagt. Das heißt aber nicht, daß sein Verhalten erst ab diesem Zeitpunkt, als er Gegenwind von anderen bekam, verkehrt war, sondern das kann schon eine ganze Weile gegangen sein.
Wenn Sie also aus dem Meinungsumschwung 2015 schließen, daß erst seitdem etwas schiefgelaufen ist, dann ist das physikalisch gesprochen ein systematischer Meßfehler. Die Sache steht bloß seitdem derart schlecht, daß immer mehr Menschen die Reißleine ziehen. Und ich wüßte nicht, daß sich das wesentlich von der DDR unterscheidet. Im Gegenteil: Die DDR war wirtschaftlich am Ende, eben weil an den Realitäten vorbeiregiert wurde, wie schon seit Jahrzehnten in der BRD. Da konnte man nun das System ändern (oder wie es tatsächlich geschehen ist, von anderen übernehmen) und die Trajektorie würde nach einigen Rumplern wieder nach oben weisen.
Der gegenwärtige Staat hingegen hat durch seine Bevölkerungspolitik das Pro-Kopf-Einkommen bisher nur stagnieren lassen. Aber selbst wenn morgen ein anderes System herrscht, ist mit dem nun verfügbaren Humankapital Jahr für Jahr der Karren immer schlechter aus dem Dreck zu ziehen. Die Langfristwirkung ist also wesentlich nachhaltiger und damit tiefgreifender als in der DDR. Insofern ist das tatsächlich nicht vergleichbar. Allerdings nicht in Ihrem Sinne.
Ganz von diesen inhaltlichen Dingen abgesehen, ist Ihre Liebe zu einem unreflektierten Widerspruchsgeist zwar vielleicht begreiflich, aber eben unsachlich. Das ist dieselbe Kurzschlußreaktion, die ein Kenner der Musik begeht, wenn er die Fünfte Beethovens begähnt, nur weil jeder Dahergelaufene sie kennt und schätzt. Aber das macht diese Sinfonie nicht weniger genial. Und genauso sind richtige Anschauungen nicht falscher, nur weil einmal (o historisch Wunder!) eine relevante Zahl diese Meinung übernimmt. Daher ist sturer Widerspruchsgeist genauso einfältig wie der sture Mitläufergeist. Nur die instinktbegabte Vernunft ist eine andere, die schönere und nebenbei wahrhaftige Pflanze.
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Ich denke schon, dass Widerspruchsgeist eine Tugend ist, ohne damit ein Urteil über mich selbst verknüpfen zu wollen. Masse und Macht sind eine Symbiose, und wer sich gegen die Masse stellt, hat eine gute Chance sich auch gegen die Macht zu stellen. Selten ist aus Masse etwas Gutes gewachsen, meistens nur Unterordnung und Unfreiheit. Einen Wahrheitsanspruch – und da haben Sie natürlich recht – kann man aus dem Widersruchsgeist nicht ableiten. Ich kann z.b. mich gegen die Masse stellen, und trotzdem nicht verstehen, warum die Masse so gefährlich ist. Intuition und Vernunft sind nun mal zwei verschiedene Dinge. Und natürlich wird nichts dadurch wahr, nur weil viele daran glauben.
Gerade die BRD bildet ja ein gutes Beispiel dafür. Die Mehrheit, so viel kann man sagen, glaubt mittlerweile fest an einen ökonomischen Niedergang. Nur messen kann man ihn noch nicht. Ganz im Gegenteil weisen die entscheidenden Kennziffern wie die Handelsbilanz dem Land noch immer eine robuste Verfassung aus: Jahr für Jahr werden mehr Waren an die Welt exportiert als umgekehrt importiert, was nichts anderes bedeutet, dass man Macht über Handelspartner aufbaut. Nun kann man ahnen, dass die Dinge aufgrund von vielen, falschen Entscheidungen in der Gegenwart (und in der Vergangenheit) in eine andere Richtung laufen könnten. Das stimmt, aber es wird doch immer nur eine Ahnung bleiben.
Leichter hat man es hier schon bei Fällen, wo man in die Vergangenheit zurückblickt. Die USA z.B. haben seit Jahrzehnten eine negative Handelsbilanz mit der Welt, die das Land nach innen überschuldete und nach außen von Gläubiger abhängig machte. Hier braucht man keine Prognose mehr für die Zukunft, hier ist längst Realität, was man in der BRD befürchtet, und man blickt zurück und sucht die Gründe. Dieser Prozess ist einfacher, weil er nicht von Ahnung getrieben wird, sondern von Erlebtem. Ähnlich stand es übrigens mit der DDR: Auch hier sah man den Deviesenmangel, der typisch ist für negative Handelsbilanzen, auch wenn die politische Führung selbst das Gegenteil behauptete.
Die BRD ist ein Land, indem ich niemals leben könnte. Ich selbst bin Österreicher. Ich würde dort an Sauerstoffmangel sterben. Es ist für mich ein schreckliches Land, aber nicht aus den Gründen, die die meisten vorbringen. In diesem Land fehlt es an Freiheiten, ja an der ganz grundsätzlichen Freiheit, dass man ein Recht hat sich nicht beobachtet zu fühlen. Nicht, dass ich behaupten möchte, dass es auf dieser Welt ein Land gäbe, das diese Bedingung noch erfüllt, aber in der BRD wird sie krass verfehlt. Und das ist vielleicht eine Ähnlichkeit zur DDR, hat aber dann weniger mit Niedergangsahnungen zu tun, sondern einfach mit einer Mentalität, die man im Leben nicht pflegen sollte.
MfG
A.Felsberger
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Wie ich schon sagte, den Zahlen nach ist es eine nominale Stagnation seit 2008, als das BIP/Kopf bei 45.600$ lag. 2021/22 sind es 51.200$. In dieser Zeit kommen aber 22% Inflation zusammen. Also sind es real nur noch 39.900$. Schon ohne Inflationsbereinigung stagniert die deutsche Wirtschaft von 2008 bis 2020, auch die Marktkapitalisierung der inländischen Unternehmen ist heute so hoch wie 2008. Da kommt die Inflation aber ebenfalls noch dazu. 15 Jahre nominale Stagnation und realer BIP-Rückgang. Genau das ist jenes Gefühl von dem Sie sprechen, das absolut korrekt ist. Wer sich natürlich nur von nominalen Zahlen blenden läßt, erkennt das freilich nicht.
Die Handelsbilanz ist keine entscheidende Kennziffer. Die Amerikaner leben seit Jahrzehnten genüßlich mit und sogar von der negativen Handelsbilanz. Mir scheint, Sie haben nicht begriffen, wie der Welthandelshase läuft. Wenn Sie so viel Wert auf Auslandsbilanzen legen: Die Auslandsverschuldung der USA ist pro Kopf kaum größer als in Deutschland: 94 zu 78 Tsd. Das sind die Plätze 14 und 17 der Weltrangliste. Als ob der Hegemon so unfähig ist, daß er seine Probleme nicht auf seine abhängigen Staaten abwälzen würde. Natürlich tut er das. Denn er ist es, der den Weltmarkt beherrscht, nicht der, der am meisten exportiert.
Aber am Absurdesten ist, zu glauben, daß es in Österreich irgendwie anders zuginge als in Deutschland. Hier sitzen alle zumindest westeuropäischen Staaten, ja im Grunde alle EU-Staaten im selben Boot. Nun kann ich Sie leider gar nicht mehr ernst nehmen. Aber im Grunde hat es sich ja schon über Ihre Preisung des unreflektierten Widerspruchsgeistes angekündigt.
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Herr Wangenhein, lassen Sie mich noch zu Ihrem Buch gratulieren, das ich für ein Jahrhundertereignis halte. Ich war immer der Meinung, dass man über Spengler nicht hinausragen kann, Sie haben es getan. Lob, wem Lob gebührt – das ist das Eine. Das Andere ist irritierend für mich. Als ich damals Spengler las, habe ich mich als Erstes über das Kapitel Wirtschaft gestürzt, und genauso habe ich es auch bei Ihrem Buch gehalten. Warum ist Wirtschaft so wichtig? Nicht, weil, wie manche meinen, es ein Unterbau in der Gesellschaft darstellt, von dem weg alles zu begreifen wäre, nein. Sondern, weil das Nachdenken über Wirtschaften die Logik in ganz besonderer Weise herausfordert. Wenn man über Wirtschaft spricht, muss man exakt denken, sehr exakt denken. Und was ist mir nun begegnet, sowohl bei Spengler als auch bei Ihnen? Eine grundsätzliche Ahnung über Wirtschaften, aber kein Eindringen in die Materie. Eine interessante Sprache, die mehr verschüttet als sie offenlegt. Niemand kann im Leben alles wissen – um Gottes Willen, wer verlangt so etwas! -, aber man sollte zumindest eine Vorstellung davon haben, was man alles nicht weiß. Diese Ehrfurcht fehlt bei Ihnen wie bei Spengler gleichermaßen, sobald Sie über Wirtschaften sprechen.
Ich empfinde Ehrfurcht, wenn ich Ihr Buch lese, oder jenes von Spengler. Es offenbart, was ich alles nicht weiß, und über was ich alles nicht nachgedacht habe in meinem Leben. Und genauso sollten Sie es auch halten, wenn Ihnen jemand gegenübertritt, der über Kredit zu sinnieren beginnt. Dann heißt es: Ohren auf anstatt sinnlose Attacken zu reiten. Fragen stellen anstatt Antworten geben! Sie dürfen davon ausgehen, dass, wann immer jemand Ihnen gegenübertritt, der das Zauberwort Kredit in einer sehr sensiblen Weise mit Handel verknüpft, dass Sie dann lieber zuhören sollten anstatt selber zu reden. Es könnte nämlich sein, dass sich hier ein Raum öffnet, den Sie höchst fruchtbar in ihr ganzes Denken eingliedern könnten. Mit mir haben Sie es sich verscherzt, denn ich habe nach Ihren unqualifizierten Aussagen gar kein Interesse mehr in diese Diskussion einzusteigen, die mir nur Kraft kostet und nichts bringt. Es wäre, als ob ich einen Schüler von Stunde Eins an unterrichten müßte. Aber es werden Ihnen wieder Menschen begegnen, die Sie mit dem Thema Kredit vertraut machen werden, und die sollten Sie dann nicht auf die gleiche Weise von sich stoßen, denn das wäre für Ihren weiteren Gang kontraproduktiv.
Trotzdem alles Liebe für Ihre Zukunft, die gewiß eine große Sein wird. Und veröffentlichen Sie dieses Schreiben bitte nicht! Ich kritisiere Menschen nicht in der Öffentlichkeit….
Mfg
A.Felsberger
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Hinsichtlich der im Hintergrund stehenden Anna-Amalia-Bibliothek las ich vor wenigen Monaten, daß sie vor mehr als 18 Jahren den Brandschäden erlag und daß der immanente Rokokosaal über 3 Jahre mühevoll restauriert werden mußte.
Ist es Ihnen folglich gelungen, immer noch den ursprünglichen Zeitgeist & die damit verbundene Authentizität der Bibliothek wahrzunehmen?
Und konnte man zudem die Innenarchitektur detailgetreu wieder aufleben laßen?
Wie ist Ihnen diese Literaturstätte vor der Gegebenheit in Erinnerung geblieben?
Als womöglich künftiger Besucher, aber ferner Zeitreisender wäre dies zu erfahren von geschätzter Bedeutung.
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Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kenne die historische Anna-Amalia-Bibliothek erst von nach dem Brand.
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Ein ganz typisches Phänomen, daß der Spezialist (für den ich Sie nicht einmal halte – siehe weiter unten) alles bei Spengler (und in diesem Fall auch bei mir) für großartig hält, aber an diesem einen Punkt, wo man glaubt, selbst tiefere Kenntnis zu besitzen, alles für völlig verfehlt halten zu dürfen.
Es ist psychologisch verständlich, daß man als jemand, der im Allgemeinen nur sehr begrenzte Kenntnis hat, aber in einer Sache seinen ganzen intellektuellen Stolz konzentriert, dort mit meistenteils irrelevanten Details seine Ehre zu retten versucht. Leider zeigt sich immer wieder – wie auch bei Ihnen –, daß es sich dabei um einen eben psychologischen Notgriff handelt, um sich die eigene Bedeutungslosigkeit angesichts der geschichtsphilosophischen Überschauung nicht eingestehen zu müssen. Daher kommen (wie von Ihnen auch) dazu nie konkrete Argumente, sondern nur der Verweis, daß man eben weit darüber stehe. Das ist natürlich durchsichtig, aber wie gesagt psychologisch nachvollziehbar.
Ich habe bzgl. der ökonomischen Lage klare Zahlen gebracht, denen Sie nicht ein einziges Argument entgegenzusetzen wissen, weil es unter „Stunde eins“-Niveau sei. Das wird ja immer lustiger! Aber weil Sie das Wort „Kredit“ „sensibel“ in den Mund genommen haben, soll ich all die bisher von Ihnen geäußerten Absurditäten vergessen und Sie um Ihren gütigen Rat voller nun aber wirklich einsetzender Weisheit bitten? Soll das ein Witz sein? Was sind Sie? Ein gelernter Komiker? Für wen halten Sie sich? Sie eiern – ohne auch nur einen einzigen begründeten Gedanken zum Thema geliefert zu haben – davon herum, daß Sie eigentlich ja doch intellektuell ernstzunehmen seien und daß ich offenbar Ihre Eitelkeit verletzt habe, und im gleichen Atemzuge werfen Sie nach diesem selbstbeweihräuchernden Lamentieren ohne Inhalt gerade mir Vernebelung vor, der als einziger handfeste Daten geliefert hat? Das kann man doch nur noch als die Karikatur eines Diskutanten bezeichnen! Aber Sie scheinen sich ja zugleich für eine ganz außerordentliche Kapazität zu halten. Es tut mir furchtbar leid für Sie, aber so funktioniert diese Welt nicht. Wer nicht liefert – und zwar Handfestes liefert – der wird nicht ernst genommen. Genauso ergeht es Ihnen gerade. Und der einzige, der dafür die Verantwortung trägt, sind Sie ganz allein. Ich habe hier an hochnäsigen und gleichzeitig substanzlosen Kommentaren ja schon einiges erlebt, aber Sie haben wirklich die Königskrone in dieser Disziplin erworben.
In einer Sache gebe ich Ihnen aber vollkommen recht: Wir beenden das hiermit. Auf diesem Blog und überhaupt in Diskussionen, die ich führe, regieren Klarheit, Beweise, Zahlen usw., nicht nebulöses Geraune von angeblichen Kenntnissen und sensiblen Verknüpfungen der „Zauberwörter“ Kredit und Handel. Wir sind hier nicht in der theosophischen Gesellschaft. — Ihre Äußerungen zeigen zwar, daß Sie von Ökonomie ebensowenig Ahnung haben, wie von allem übrigen – das sie immerhin zugeben – aber ich kann Sie trösten: Selbst wenn Sie in dieser Spezialfrage ausgezeichnete Kenntnisse hätten, wovon Sie hier allerdings keinerlei Beispiel gegeben haben, im Gegenteil mit der Unkenntnis der Entwicklung des inflationsbereinigten BIP tatsächlich Stunde-1-Wissen vermissen lassen, also selbst wenn Sie wie gesagt gute Kenntnisse wenigstens in ökonomischer Hinsicht hätten, dann würde immer noch der schöne Satz Lichtenbergs gelten: Wer nur Chemie versteht, der versteht auch die nicht recht. Leben Sie wohl!
N.S.: Ein Lob meines Buches aus solchem Mund muß ich leider unter der Kategorie Negativindikator ablegen. Wenn ich signifikant mehr solcher Leser wie Sie hätte, müßte ich mir ernstlich Gedanken machen. Ja, ich schäme mich für Sie. Aber das muß man aushalten. Immerhin schämen Sie sich ja für Ihren Text ebenfalls, sonst würden Sie darin nicht den Wunsch an mich richten, Ihrem Veröffentlichungswunsch nicht zuzustimmen, damit er nicht erscheint. Aber diese feige Selbstgefälligkeit übernehme ich für Sie bestimmt nicht.
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Sie Schreiben: „Die Handelsbilanz ist keine entscheidende Kennziffer. Die Amerikaner leben seit Jahrzehnten genüßlich mit und sogar von der negativen Handelsbilanz.“
Gesetzt, ich besäße ein Haus, und ich gebe Jahr für Jahr mehr aus als ich einnehme. Wo würde das Ihrer Meinung nach enden? Die Gläubiger würden ihre Forderungen gegen mein Eigentum richten, genauso wie es der USA seit 1990 ergeht. Der Anteil des ausländischen Eigentums am US-Kapitalstock wächst kontinuierlich an. Und wie würde der Hegemon auf so eine Entwicklung reagieren? Kann er es dulden nicht mehr Herr im eigenen Haus zu sein?
Sehen Sie, Herr Wangenheim: Sie sind nicht einaml in der Lage zu begreifen, dass ein negativer Saldo in der Handelsbilanz zu einer Eigentumsverknappung im Inland führt, obwohl sie das Phänomen seit zwei Jahrzehnten in der USA studieren dürfen. Das ist ein Niveau, auf dem ich nicht gewohnt bin zu diskutieren. Und damit belassen wir es.
Mfg
A.Felsberger
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Dennoch danke ich Ihnen für die zeitnahe Rückmeldung. Mir lag die vermeintliche Vermutung nahe, Sie wären bereits vor dem einbrechenden Ereignis da gewesen.
Es ist erstaunlich nachzuverfolgen, wie der begabte Mensch verfallene und bedeutsame Bauten wieder stark prägende Konturen verleihen kann und so gut, wie nur möglich, in deren neuen-alten Glanz erstrahlen läßt.
Ein Paradigma hierfür wäre Dresden, was dessen Innenstadt ja im
II. Weltkrieg von den West-Alliierten durch mehrere Luftangriffe in Schutt & Asche gelegt wurde.
Man ist kein Dresdner und gewiß kein Zeitzeuge – dennoch bekommt man ein innerlich zerrissenes Gefühl beim Anblick des
„Florenz‘ des Nordens“ und parallel der Kriegsphotographien von totaler Verwüstung, Zerstörung.
Dann wieder ein Aufheiterndes, Hoffnungsvolles – in Anbetracht der vergangenen, geistreichen Fähigkeit Rekonstruktionen der Seele einer Stadt (ausgenommen der irreversible Teil) – wieder zu erschaffen.
Die Vergangenheit sei nicht tot, sie lebe in uns & werde in der Zukunft weiter leben, die wir gerade erschaffen. So die Worte eines britischen Malers & Architekten des 19. Jahrhunderts.
Und dennoch fragt man sich – Wird in Zukunft im Falle einer weiteren Verwüstung jemals einen hellen, innovativen, geschichtsaffinen Geist geben, dem es gelänge, die plastische Vergangenheit wieder neu zu formen? Würde man in der Lage sein, die Kenntnis und Hingabe für das Kulturerbe weiterhin beizubehalten?
Und somit trifft man auch hier (wenn auch in differenziertem Kontext) auf das >Omnipotente System< , wie Sie es wahrlich & exakt definiert haben – was den leichtsinnigen, unreflektierten Menschen
in ein Objekt seiner Dominanz verwandelt. Um sich nicht weitreichend intellektuell zu entfalten, gar eigenständig sein Verstand & Gedanke einzuschalten.
Man stiehlt ihm sein Heimatgefühl –
Das Nationalbewußtsein
entreißt man ihm mit aller Kraft,
Entfacht den Mangel an Interesse
gegenüber der Wissenschaft.
Die Ethik
bleibt ihm gänzlich verwehrt,
Doch auch die Bildende Kunst,
die ihn hätte gelehrt.
Die Xenie, die soeben entstanden,
Ist dem untergehenden Lande verstanden.
Und am Ende bleibt nicht nur eine Stadt unter Trümmern zurück…
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Jetzt vergleicht unser Wirtschaftsexperte die Handelsbilanz der USA, wo von Repo-Swaps bis ausländisch gehaltenen Staatsanleihen, von Zinssetzung der Weltwährung und Dollar-Engpässen bis zu Maßnahmen der bewußten Liquiditätsaustrocknung tausend Faktoren den bloßen Handelswert der Waren hintergehen und vom Währungshegemon zu seinen Gunsten beeinflußt werden, mit was? mit seinem Eigenheimkredit. Das kann man sich wirklich nicht ausdenken! Wahnsinn. Oder, um es auch für Sie verständlich zu formulieren: Was interessiert Sie Ihre Eigenheim-Bilanz, wenn Sie selbst das Geld drucken, mit dem der ganze Handel dieser und jeder anderen Bilanz betrieben wird? Darüber können Sie die nächsten Jahre mal gründlich nachdenken. Aber nicht mehr hier, mein Lieber.
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Also ich habe nichts Unauthentisches wahrgenommen als ich die Bibliothek einmal besichteigt habe. Aber das Gebäude selbst stand ja noch. Ich nehme an, der Dachstuhl ist bloß neu. Es hat vor allem die Bücher getroffen. Und wenn man sich überlegt, daß das an fehlenden Brandmeldern lag, dann muß man sich wirklich fragen, welches Niveau das Personal in den verantwortlichen Stellen noch hat. Jedenfalls ist es deutlich geringer als bei den Restauratoren.
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Sehr geehrter Herr Wangenheim, schlicht und einfach ein großes Dankeschön von mir für Ihre Arbeit und Mühen. Gerade wenn ein von Ihnen behandeltes Thema meine Lebenswirklichkeit widerspiegelt, freut es mich ungemein, wenn sie es mit Ihren schönen deutschen Sätzen nochmals nuacierter zu erklären vermögen. Deshalb möchte ich Ihnen hiermit den Anstoß auf den Weg geben gerne noch häufiger konkrete, lebensnahe Sujets zu behandeln. Es beruhigt mich, wenn ein Universalgelehrter wie Sie, ebenfalls an der Gegenwart leidet. Was halten Sie eigentlich von Stefan Zweig, er schreibt, wie ich finde mit das zeitloseste, beste Deutsch. Außerdem, haben Sie einen psychologischen Rat wie man an diesen Zeiten nicht zerbricht?
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Das freut mich sehr zu hören, einen Plan, nachdem ich meine Beiträge verfassen würde, gibt es indes nicht. So wie die Gedanken kommen, so fallen Sie hier nieder. Ich schreibe also nicht um des Schreibens willen, sondern nur, wenn mir in einer Sache gerade ein außergewöhnlicher Gedankenschluß vorkommt.
Stefan Zweig mag ein zeitloses Deutsch schreiben, aber zeitlos scheint mir immer auch zugleich uninteressant und austauschbar. Deshalb wäre ich auch nicht auf die Idee gekommen, daß er ein besonderes Deutsch schreibt. Mir liegt eher die Triade Goethe, Fontane, Mann. Wenns etwas volktümlicher werden darf vielleicht Stifter, Freytag, Strittmatter.
Da ist der alte Rat Goethes immer noch der beste, daß man sich nämlich so weit wie nur irgend möglich mit den besten Dingen, die eine Zeit zu bieten hat, befaßt und umgibt, während man alles Niedere tunlichst zu meiden sucht.
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