Unbekannte Schönheiten der sinfonischen Musik . Teil 2

Nachdem wir uns im ersten Teil mit der Einführung in die sinfonische oder sogenannte klassische Musik befaßt haben, möchte ich nun für alle fortgeschrittenen Hörer – das eigentliche Ansinnen – eine Liste anfügen, die unbekanntere Komponisten und ihre Werke anführt und deren Kenntnis wenn nicht unbedingt nötig, so doch wenigstens erqicklich und gelegentlich gar musikalisch erweiternd in jeder Hinsicht genannt werden kann.

Es ist nicht so, daß der erste Teil zusammen mit diesem zweiten gewissermaßen alles umfaßt, woran man musikalische Freude haben kann. Das wäre durchaus falsch verstanden. Für allerlei Geschmäcker bestehen freilich unzählige Werke und Komponisten: es gibt den Skrjabin-Enthusiasten, Mahler-Freund, Schönberg-Fanatiker, Haydn-Liebaber, Händel-Aficionado, den Schreker- oder Khrennikov-Verehrer usw., die alle mehr oder weniger ihre Berechtigung haben.

Hier hingegen geht es lediglich darum, ein paar Beispiele davon zu geben, welche ungehobenen Schätze es in der sinfonischen Musik des 18., 19. und frühen 20. Jahrhunderts so gibt. Ungehoben insofern, als die genannten dem durchschnittlichen Musikliebhaber wahrscheinlich nicht bekannt sind. Und wenn doch: Um so besser! Für alle anderen und mich selbst führe ich folgende Liste. Sie ist noch recht kurz, aber ich will mich bemühen, Sie bei neu mir unterkommenden, aus dem Üblichen herausragenden Werken zu vervollständigen.

Daher bitte ich auch darum, nicht anzunehmen, daß die Angabe der Sinfonie eines bestimmten Komponisten bedeute, dies sei die beste seiner Arbeiten o.ä. Denn oftmals kenne ich von fünfen vielleicht zwei oder drei Sinfonien. Es gibt hier also für mich durchaus selbst noch einiges zu entdecken.

Die Liste enthält außerdem Wertungen von einem Stern * bis zu drei Sternen ***, die meine Qualitätseinschätzung wiedergeben sollen. Dabei handelt es sich im Falle eines einzelnen Sterns (schwarz) mehr um eine kaum zu definierende Schwelle, welche das Stück überhaupt in die Liste gebracht hat. Diese müssen sich mit dem Prädikat angenehmer Untermalung zufriedengeben, was durch manche nette musikalische Raumwerdung, Instrumentierung oder witzige Effekte geschieht. Meist sind das gute handwerkliche Arbeiten, die recht ruhig verlaufen. Das liegt daran, daß dauerhaft im ff komponierte Sätze ohne distinkte Melodie – und im besten Falle: Aneinanderreihung von Effekten und schrägen Harmonien – schnell in Krach ausarten, was nichts weniger als nervtötend ist. Dagegen sind ruhige, gelegentlich auch effektreiche Stücke, die den Eindruck eines großen Adagios machen (nicht der Geschwindigkeit, sondern der Gelassenheit nach), viel eher fähig, bei nur leicht erhöhter Durchschnittsqualität ein gekonntes Bild zu hinterlassen. So wenigstens geht es mir.

Zwei Sterne ** (grün) zeigen hingegen eine gewisse Außergewöhnlichkeit der Komposition an, die meist eine nette, eingängige Melodie bietet, aber dieselbe nicht recht auszunutzen weiß. Und wenn doch, so bleibt es bei einer witzig vorbeihuschenden Motivik, der eine tiefere Gemütsbewegung verwehrt bleibt. Auch spielt hier gelegentlich eine Rolle, daß nur ein oder zwei Sätze diese Qualität ausweisen, der Rest aber dagegen verschwindet. Andererseits können in Ausnahmefällen auch effektreiche Kompositionen auftrauchen, denen eine distinkte Melodie zwar fehlt, deren Unterhaltungswert aber doch außergewöhnlich ist.

Drei Sterne *** (blau) hingegen bekommen diejenigen Werke, die im Grunde zum Standardrepertoire, will sagen, zur ersten Liste gehören müßten, insofern nämlich als sie Melodie, Effekt, passende Dynamik, gekonnt und sparsam eingesetzte Harmonie- und Tonartwechsel zusammen mit einer nachvollziehbaren Fortführung, also gesamtheitlich gedachten Entwicklung der musikalischen Themen durch Variation, Steigerung, manchmal Parallelisierung usw. ein geschlossenes Ganzes zu bilden vermögen (gleichwohl gilt das auch bereits von manchem Zwei-Sterne-Stück: Die Übergänge sind fließend!). Das erreichen nur sehr wenige Stücke und dann auch meist nur in ausgewählten Sätzen. Das darf Sie allerdings nicht verwundern. Denn es wird freilich auch in Zukunft eine Ausnahme bleiben, daß noch unbekannte Stücke sich von einer Qualität erweisen, wie sie Brucknersche Sinfonien besitzen, zumal man dort auch nicht immer für jeden Satz seine Hand ins Feuer legen möchte.

Denn die Sinfonie, die hier häufig genug vorkommt, ist nicht umsonst eine Art Königsdisziplin des Tonsetzers. Diese gerade genannten Anforderungen der musikalischen Fortspinnung und Entwicklung über vier recht lange Sätze durchzuhalten, erfordert selbstredend das Genie: einen wuchtig-markanten Kopfsatz, darauf ein seidenweich-lyrisches Adagio, ein tänzerisch-rhythmisches Scherzo und einen fulminanten, vereinenden Schlußsatz, das bringt kaum der Beste auf die sprichtwörtliche Reihe. Selbst eine Opernkomposition, die doch meist deutlich länger, wenn auch nicht derart dicht ist, und doch nicht nur rein an der musikalischen Entwickung hängt, sondern an der Dramatik, will sagen vom Text Seitenschläge erfährt, die musikalisch nicht motiviert sein müssen, kennt solche Herausforderung wenigstens in dieser Form nicht, wenngleich etwa die Meistersinger-Ouvertüre auch als eine Art zusammengedrängte Sinfonie auftritt, mit Kopfsatz, Adagio, Scherzo und Finale. Ich will mich bemühen, in die Liste durchaus noch mehr an kleineren Formen, Ouvertüren, Suiten, Konzerte, Streichquartette usw. aufzunehmen, aber Sinfonien werden hier sicher immer den Schwerpunkt bilden.

Übrigens kann daher die Bewertung auch oft auf allein einem oder zwei Sätzen beruhen. Das kommt einem allerdings nun wirklich auch bei Beethoven und Bruckner immer wieder unter. Fällt die Qualitätsdifferenz zwischen den Sätzen allzu groß aus, dann gebe ich die gemeinten Sätze gesondert an.

Schließlich sei noch angemerkt, daß auch hier freilich gilt – wenngleich manches Mal die Ton-Qualität der seltenen Aufnahmen nicht sonderlich berauschend ist – daß Sie zur wirklichen Beurteilung die Musik über gute Kopfhörer oder eine gute Anlage laufen lassen müssen.

Zu jedem Eintrag eines Werkes ist eine Datumsangabe beigefügt, z.B. 8.21 für den August 2021. Dadurch ist für jeden, der die Liste bereits kennt, leicht möglich, nach neuen Einträgen des letzten Monats zu sehen, indem er die Seite nach der entsprechenden Zahlenkombination durchsucht (Strg+F).

Weitere Anregungen sind in den Kommentaren natürlich wie immer sehr willkommen. Bis dahin wünsche ich Ihnen viel Freude beim Entdecken.

d’Albert, Eugen: Sinfonie F-Dur (D/GB/F, 1886) ** Finale 10.21

Alnæs, Eyvind: Sinfonie No. 1 (Norwegen, 1896) * 11.21

Andriessen, Willem: Klavierkonzert (Niederlande, 1908) * 2.21

Arensky, Anton: Sinfonie No. 1 in h-moll (Rußland, 1883) ** Kopfsatz(& 2. Satz) 10.22, Sinfonie No. 2 * ein nettes Hauptmotiv 7.23

Asioli, Bonifazio: Sinfonie in fa Minore (Italien, um 1800) ** viele Ideen, leider wenig Zusammenhang 4.23, Klaviersonate in C-Dur (um 1800) ** recht interessant, in einer Wendung sogar Brucknersches Déjà écouté 4.23

Atterberg, Kurt: Sinfonie Nr. 4 „Sinfonia piccola“ (Schweden, 1918) ** 10.20 [ausgesondert: Sinfonie 1,2,5,6)

Bach, Johann Christian: Sinfonia concertante in C-Dur (Deutschland, 1775) * 12.23

Beck, Franz Ignaz: Sinfonie No. 3 (Deutschland, 1762) Kopfsatz ** Kraftgeladen, mit effektvollen Pausen und teils subtiler Harmonieführung 8.23

Benda, Franz: Sinfonia in C-Dur (Böhmen, 1762) recht melodische Sinfonie für die Zeit, besonders das Motiv des Hauptsatzes 1.24

Bendix, Victor: Sinfonie No. 1 (Dänemark, 1882) ** 1. Satz interessante Effekte und Motiv-Fragmente 12.22

Beresovsky, Maxim: Sinfonie No. 1 (Rußland, 1770/72) ** lustige kleine Sinfonie mit Kopfsatzhauptmotiv wie aus dem Kopfsatz des Bratschenkonzerts von Zelter 12.23

Berwald, Franz: Sinfonie No. 4 (Schweden, 1845) * nichts besonderes, aber Schmackes 5.22, Sinfonie No. 3 (1845) ** Steigerungen und Motivbildung unwirklich an 1910 erinnernd 5.22, Sinfonie No. 2 (1842) ** kleine, wirkungsvolle Motive 1.23

Bloch, Ernest: Israel-Sinfonie (Schweiz, 1916) * 2.21 [ausgesondert: Sinfonie cis-moll, American Rhapsody]

Blodek, Vilém/Wilhelm: Sinfonie in d-moll (Öst.-Ung., 1859) ** 12.22

Blumenfeld, Felix: Sinfonie in c-moll (Rußland, 1907) * 2.21

Bocchernini, Luigi: Sinfonie in c-moll (Italien, 1788) * 11.23

Böhner, Johann Ludwig: Konzertouvertüre in D-Dur (Deutschland, 1816) * interessante romantische Anwandlungen 8.23

Børresen, Hakon: Sinfonie No.2 in A-Dur „Das Meer“ (Dänemark, 1904) * teils etwas unaufgeräumt (bes. 1. Satz), aber mit netten Ideen durchsetzt 11.20, Sinfonie No. 3 in C-Dur (1926) ** gekonnte Instrumentierung/Effekte 11.20 [ausgsondert: Sinfonie 1]

Bomtempo, João Domingos: Sinfonia em Mi bemol maior No. 1 (Portugal, ~1813) * Minuetto (2. Satz) mit dem Motiv: Die Gedanken sind frei

Bretón, Tomás: Sinfonie Nr. 1 (Spanien, 1872) * 3.21, Sinfonie Nr. 2 (1883) *, Sinfonie Nr. 3 (1905) * 2.21, Violinenkonzert in a-moll (1909) * 10.22

Bristow, George: Sinfonie Nr. 2 „Jullien“ (USA, 1856) * 5.22, Sinfonie No. 3 (1858) * 11.22

Bruch, Max: Sinfonie No. 1 (Deutschland, 1868) * gelegentlich rhythmisch-melodisch 5.22, Romanze op. 42 (1874) * interessanter Ton (z.B. Meistersinger bei 6:15) 7.23 [ausgesondert: Sinfonie 2,3, Violinenkonzert 1]

Burgmüller, Norbert: Sinfonie Nr. 1 (Deutschland, 1833) gewaltiges Scherzo (3. Satz) *** siehe Vorläufer Scherzo in Worzischeks Sinfonie D-Dur 12.20 auch von Harry Graf Kessler in einer Gewandhausprobe in Leipzig als höchst geniales Scherzo bezeichnet [ausgesondert: Sinfonie 2, Klavierkonzert, Ouvertüre Dionys]

Casella, Alfredo: Sinfonie No. 2 in c-moll (Italien, 1909) [(1. u.) 2. Satz] *** 4.20 [ausgesondert Sinfonie 1]

Damrosch, Leopold: Sinfonie in A-Dur (Deutschland/USA 1878) ** interessante Einzelgedanken (darunter der Beginn des 4. Satzes mit einem Motiv aus Zelters Bratschenkonzert) 4.23

Devienne, Francois: Sinfonie concertante pour cor et basson (Frankreich, 1785) ** insb. 3. Satz 2.24

von Dittersdorf, Carl Ditters: Sinfonie Die vier Weltalter (Österreich, 1781) ** sehr schönes Kopfsatzhauptmotiv – in irgend einem Schlager der 30er wiederverwendet? (Larghetto) 10.23, Sinfonie Die Verwandlung der lycischen Bauern zu Fröschen ** Kopfsatz Allgeretto u.a. Alle Völgel sind schon da, das erst 1844 erschien! auch Es tanzt ein Bi-ba-Butzemann, das ebenfalls später sein soll, außerdem ** Minuetto 10.23, Sinfonie Die Versteinerung des Phineus ** Kopfsatz (Andante) 10.23

Dopper, Cornelis: Sinfonie Nr. 1 „Diana“ (Dänemark, 1896) ** 10.20 [ausgesondert: Old Holland Suite]

Dreaseke, Felix: Sinfonie No. 2 (1876, Deutschland) * 2.23

Dukas, Paul: Sinfonie in C-Dur (Frankreich, 1896) ** durchgängig reizvolle Sinfonie 6.21 [ausgesondert: Ariane et Barbe-bleue, Symphonie en ut majeur]

Eberl, Anton: Sinfonie in Es-Dur (Österreich, 1803) * Finale 9.23, Sinfonie in d-moll (Österreich, 1804) ** schönes Motiv auf ersten 6 Minuten des ersten Satzes (Marsch-Tempo) 9.23

Eggert, Joachim Niclas: Sinfonie No. 1 (Schweden/Deutschland, 1805) * 9.23

Enescu, George: Studien-Sinfonie No. 1 (d-moll) (Rumänien, 1894) ** interessante Motive im 1. und besonders schön der 2. Satz (Komponist: 14-jährig!) 2.21 [ausgesondert: Sinfonie 4]

Fibich, Zdenek: Sinfonie Nr. 3 (Österreich-Ungarn, 1898) ** (3. Satz) 4.21 [ausgesondert: Sinfonie 1]

Fischer, Ernst: Südlich der Alpen – Suite (Deutschland, 1936) ** 3.23

Fischer, Johann Carl Christian: Sinfonie für 4 Paukenpaare (Deutschland, 1780er) * sehr interessante Effekte 9.23

Foerster, Josef Bohuslav: Sinfonie Nr. 3 (Österreich, 1895) * 7.21 [ausgesondert: Sinfonie 2,4]

Franck, César: Sinfonie in d-moll (D, BE, FR, 1888) * einzelne nette Motive 12.21

Friedrich II., der Große: Sinfonie in D-Dur (Deutschland, 1747) ** 1. Satz, schönes Hauptmotiv 4.24

Fröhlich, Johannes Frederik: Sinfonie in Es-Dur (Dänemark, 1830) ** lebhaft interessant, im 1. Satz Wagnerische Läufe, abgesehen vom Finalsatz ohne ausgesprochene Motive 5.23

Frommel, Gerhard: Sinfonie No. 1 (Deutschland, 1938) * Beginn des Kopfsatzes 11.23

Fry, William Henry: Santa Claus Christmas Symphony (1853, USA) ** einfallsreich 11.22 [ausgesondert: Niagara Sinfonie]

Fuchs, Georg-Friedrich: Sinfonia Concertante Es-Dur (Deutschland, vor 1800?) * leichte Melodien 8.23

Geijer, Erik Gustv: Klavier-Quartett in e-moll (Schweden, 1825) Kopfsatz ** u.a. Kaiserwalzer-Motiv 7.23

Generali, Pietro: Chirie et Gloria in Pastorale (Italien, 1810) *** herrlicher Beginn (Kyrie) 10.23

van Gilse, Jan: Sinfonie No. 1 (Niederlande, 1901) ** insb. Scherzo 3.21 [ausgesondert: Sinfonie 2,3]

Glass, Louis: Sinfonie Nr. 3 in D-Dur „Waldsinfonie“ (Dänemark, 1901) [1. u. 3. Satz] *** 4.20, Sinfonie Nr. 1 (1894) ** (unaufgeräumt, aber schöne Ideen) [ausgesondert: Sinfonie 1,2,4,5,6, romantsiche Ouvertüre], Sommerliv (1899) * Déjà écouté 3. Satz: Grieg Ases Tod 4.24

Glière, Reinhold: Sinfonie No. 2 (Deutschland/Rußland, 1907) * vereinzelt nette Effekte 2.21 [ausgesondert: Sinfonie 1,3]

Gluck, Christoph W.: Don Juan (Ausschnitte) (Deutschland, 1761) ** sehr interessante Motive, Instrumentierung und Harmonik

Godard, Benjamin: Sinfonie No. 2 (Frankreich, 1879) 1. Satz * 10.21 [ausgesondert: Sinphonie orientale]

Goldmark, Karl: Sinfonie Nr. 1 (Ländliche Hochzeit) (Deutschland, 1877) * 2.21, Sinfonie No. 2 (1887) *° 4.23 [ausgesondert: Hochzeits-Sinfonie, Ouvertüre Merlin, Aus Jugendtagen]

Gottschalk, Louis Moreau: Sinfonie Nr. 2 „A Montevideo“ (Frankreich/USA, 1868) ** primitve Motivik, aber ausreichend abwechslungsreiche harmonische Wendungen 5.22 [ausgesondert: Sinfonie 1]

Gossec, François-Joseph: Symphonie En Sol Mineur (Belgien-Frankreich, 1763) * 6.23 [ausgesondert: Konzertsinfonie Mirza, Sinfonie 1]

Gounod, Charles: Sinfonie No. 2 (Frankreich, 1856) * 10.21 [ausgesondert: Sinfonie 1]

Gouvy, Louis Theodor: Sinfonie No. 4 (Frankreich, 1855) 1. Satz * 5.21 [ausgesondert: Sinfonie 1]

Grieg, Edward: Sinfonie No. 1 (Norwegen, 1864) ** ja, Grieg 🙂 recht nette melodische Einfälle, aber wenig Zusammenhang 9.22

Haarklou, Johannes: Schöpfung und Menschheit (Norwegen, 1891) * effektvolle Einleitung 10.23

Hadley, Henry Kimbell: Sinfonie No. 4 (USA, 1910) * schöne, kleine Effekte 2.21

Hamerik, Asger: Sinfonie No. 4 (Dänemark, 1889) * Hauptmotiv des Adagios nach Les Preludes 11.21, Sinfonie No. 1 * Hauptmotiv des Finales findet sich sehr ähnlich im Marsch der Volkspolizei Nr. 2 wieder 1.23 [ausgesondert: Sinfonie 2,3, Requiem]

Harty, Hamilton: An Irish Symphony (Irland/England, 1904/1915/1924) * 9.20

Haydn, Joseph: Sinfonie No. 74 (Österreich, 1780) * Hauptmotiv des Kopfsatzes identisch im Finale der 5ten Beethovens 11.23, Sinfonie No. 60 (Österreich, 1775) ** Hauptmotiv des Andante rhythmisch exakt, melodiös sehr ähnlich dem des Rondo von Zelters Bratschenkonzert, nettes Adagio 12.23

Haydn, Johann Michael: Konzert in C-Dur für Chembalo, Bratsche und Streicher (1761, Deutschland) ** interessantes Prestissimo (3. Satz) mit einer absteigenden Figur recht zu Beginn identisch im Bratschenkonzert Zelters wieder auftauchend (ident. Harmonik), auch eine andere absteigende Figuren identisch (2x kurz nach Mitte des Prestissimo) 1.24

Hérold, Ferdinand: Sinfonie No. 1 (Frankreich, 1813) * (Menuett, Sequenz aus der 5. Beethovens im Kopfsatz (3:00) 11.23

v. Herzogenberg, Heinrich: Sinfonie No. 2 (Österreich/Frankreich, 1888) ** mit einem Hauptmotiv von Dvoraks 9. Sinfonie (1893) 1.23, Odysseus-Sinfonie (1872) * nette Effekte (1. Satz) 1.23 [ausgesondert: Sinfonie 1]

Hoffmeister, Franz Anton: Sinfonia in G-Dur (Deutschland, 1791) * 2. Satz: Hauptmotiv nach Komm lieber Mai und mache…, das im Januar 1791 von Mozart vertont wurde, die Friedens-Sinfonia könnte aber schon nach dem Waffenstillstand vom September 1790 geschrieben worden sein 10.23

Hol, Richard: Sinfonie No. 3 (Niederlande, 1867) * 1.23 [ausgesondert: Sinfonie 2]

Ippolitov-Ivanov, Mikhail: Sinfonie No. 1 in e-moll (Rußland, 1908) *** (4. Satz) neoklassizistisch 2.21, Türkische Fragmente Suite No. 3 (1930) ** 3.23 [Kaukasische Skizzen, Kukasischer Kriegsmarsch, Woroschilow-Marsch]

Ives, Charles: Sinfonie No. 1 in d-moll (USA, 1901) * kurze Motivik und nette Effekte 3.21

Jonsson, Josef: Sinfonie No.1 Nordland (Schweden, 1922) * effektvoll, gelegentlich motivisch 12.22

Kalinnikow, Wassily: Sinfonie Nr. 1 (Rußland, 1895) [insb. 2. & 4. Satz] * 10.20 [ausgesondert. Sinfonie 2, Ouvertüre Bylina]

Kalkbrenner, Friedrich: Septett (Deutschland, 1836) ** 1. Satz  Ähnlichkeit zu Wagners Duett Holländer-Daland 1843 3.23

Kalliwoda, Johann Wenzel: Sinfonie No. 5 (Österreich-Ungarn, 1840) * mit einem déjà écouté Burckners im Finale 4.20, Sinfonie Nr. 3 (1830) * 5.23 [ausgesondert: Sinfonie 2,4,6], Sinfonie No. 7 (1841) * Beginn und Schluß 10.23

Karlowicz, Mieczyslaw: Sinfonie in E-moll (Polen, 1902) * 10.20 [ausgesondert: Litauische Rhapsodie]

Kaun, Hugo: Sinfonie No. 3 (Deutschland, 1913) * 12.23 durchgängig ab und an ganz nette Effekte

Kellner, Johann-Peter: Praeludium und Fuge in d-moll (Deutschland, ~1750) *** 7.20

Kittel, Johann Christian: Preludio in a-moll (Deutschland, ~1780) ** 7.20

Knecht, Justin Heinrich: Pastoralsinfonie (Deutschland, 1785) ** 2. Satz schon sehr ins 19. Jahrhundert weisend, der Übergang ins Allgero und der Beginn desselben muten bald 50 Jahre später an 11.23, Die durch ein Donnerwetter unterbrochne Hirtenwonne (1794) ** Bukolik, mit Orgelkrachen (ähnlich der Stelle in der Pastoralen) 11.23

Komauer, Edwin: Sinfonie No. 1 (Österreich, 1924) [3. u. 4. Satz] ** 5.20

Kovarovic, Karel: Volkstänze (Österreich-Ungarn, ?) ** 4.23

Kraft, Anton: Cello-Konzert in C-Dur (Österreich, 1805) ** unbekanntes déjà écoutè Hauptmotiv im 1. Satz 2021 11.23

Kraft, Nikolaus (Sohn von A. Kraft): Pastorale Szene (Österreich, 1820) * 9.23

Kraus, Joseph Martin: Sinfonie in c-moll (Zur Aufbahrung König Gustavs III.) ** 1. Satz für die Zeit ungewöhnlich schwerer Trauermarsch 8.23

Krommer, Franz: Sinfonie No. 5 (Österreich-Ungarn, 1821) * 4.23 [ausgesondert: Sinfonie 6,7,9], Sinfonie No. 3 * einige Kleinigkeiten 9.23

Kuhlau, Friedrich: Klavierkonzert op. 7 (Deutschland-Dänemark, 1810) * 9.23

Lachner, Franz: Sinfonie Nr. 8 in g-moll (Deutschland, 1851) * 2020, Sinfonie No. 5 * einige nette motivische Einfälle 10.20, Sinfonie No. 3 (1834) ** Kopfsatz, Sinfonie No. 1 (1828) *, Nonetto in F-Dur (1875) * Finale [ausgesondert: Suite 2, Sinfonie 1,4,6,7]

Lalo, Édouardo: Sinfonie in g-moll (Frankreich, 1886) * 10.21

Langgaard, Siegfried: Klavierkonzert No.1 in e-moll (Dänemark, 1885) * 1.21 [ausgesondert: Sinfonie 1]

Loewe, Johann Carl Gottfried: Sinfonie Nr. 1 (Deutschland, 1832) [2. Satz] ** 5.22 [ausgesondert: Sinfonie 2]

Ljapunow, Sergej: Sinfonie Nr. 1 (Rußland, 1887) [2.-4. Satz] * 10.20 [ausgesondert: Sinofnie 2, Rhapsodie über ukrainische Themen]

Madetoja, Leevi: Sinfonie Nr. 2 (Finnland, 1918) * 10.20 [ausgesondert: Sinfonie 1]

Malling, Otto: Sinfonie in d-moll (Dänemark, 1884) Scherzo ** 9.23

Malzat, Johann Michael: Sinfonie in C (Österreich, ~1775) * 12.23

Marques, Pedro Miguel: Sinfonie Nr. 1 (Spanien, 1869) [unwirklich klassisch] ** 10.20, Sinfonie No. 4 (1878) [1. Satz] ** 5.20 [ausgesondert: Sinfonie 2,3,5]

Marsh, John: Sinfonie No. 1 (England, 1781) Allegro ** 7.23

Martucci, Guiseppe: Sinfonie Nr. 2 (Italien, 1904) ** [1. Satz] *** 7.20 [ausgesondert: Sinfonie 1]

Mayer, Emilie: Sinfonie No. 5 (Deutschland, 1852) * Scherzo – Hauptmotiv erinnert mich an eine andere (spätere) Sinfonie 12.22, Sinfonie No. 2 * (1847) Motiv im Kopfsatz aus Sinfonie No.1 12.22 [ausgesondert: Sinfonie 1,3, Faust-Ouvertüre]

Melartin, Erkki: Sinfonie No.3 in F-Dur (Finnland, 1907) [1. Satz] ** 10.20, Sinfonie No. 4 (1912) * 11.20 [ausgesondert: Sinfonie 1,2,6, Traumgesicht]

Meyrswalden, Mathilde Kralik von: Sinfonie (Österreich-Ungarn, 1903) * Kopfsatz (viele schöne Effekte, aber kein Zusammenhang) 9.23

Molique, Wilhelm Bernhard: Violinenkonzert No. 3 (Deutschland, 1836?) ** Melodie in der Mitte des. 3. Satzes 2.23 [ausgesondert: Cello-Konzert D-Dur]

Mosonyi, Mihály: Sinfonie No. 1 (Österreich-Ungarn, 1842-44) * solide und angenehm, aber unauffällig 2.23

Mozart, Wolfgang Amadeus: Sinfonia Concertante (Österreich, 1779) * im Presto das Motiv des Rondos aus Zelters Bratschenkonzert, allerdings nur die ersten 4 Töne und die darauffolgenden 5 bei Zelter umspielt (und da ist ja das Zelter-Motiv noch lang nicht zuende, das Mozartsche schon). Obwohl 1779 geschrieben erst 1808 veröffentlicht, sodaß Zelter auch den Beginn nicht von Mozart haben konnte. 11.23, Sinfonie No. 11 (1770) * im Adagio die Melodie aus Silchers Ich weiß nicht, was soll es bedeuten. 1.24, Sinfonie No. 47 (1770) Mit dem Beginn des Beethoven-Motivs: Freude schöner Götterfunken (Adagio) 1.24

Mozart, Leopold: Sinfonia in B-Dur (Deutschland/Österreich, 1753) ** motivisch und harmonisch interessante zwei erste Sätze 4.24

Netzer, Johann Josef: Sinfonie No. 1 (Österreich, 1837) ** Scherzo mit nettem Hauptmotiv 10.22 [ausgesondert: Sinfonie 4]

Noskowski, Zygmunt: Sinfonie No. 2 „Elegische“ (Kongreßpolen/Rußland, 1875/79) * Energie, aber nur im Finale ein stärkeres, etwas entwickeltes Motiv 8.23, Sinfonie No. 1 (1875) * unterhaltsam aber motivfrei 11.23

von Ordonez, Karl: Sinfonie in g-moll (Österreich, ~1760) ** Andante 11.23

Ozi, Etienne: Troisieme Simphonie Concertante ** bekannt scheinende Melodie zu Beginn und eine zweite zum Ende hin (stakkatoartiges) 3.24

Parry, Charles Hubert: Sinfonie No. 4 (England, 1889) * etliche reizvolle Szenen 10.23

Pielain, Dieudonné-Pascal: 4. Violinenkonzert (Frankreich, ~1790) ** Déjà-Écoutés im 1. und letzten Satz 3.24

Potter, Cipriani: Sinfonie No. 9 [lt. Komponist No. 4] (England, 1934) ** Scherzo 3.23, Sinfonie No. 1 (1819) ** Menuett (3. Satz) nettes Hauptmotiv (4. Satz) 8.23 [ausgesondert: Sinfonie 8,10, Tempest-Ouvertüre]

Radecke, Robert: Sinfonie in F-Dur (Deutschland, 1877) * kleine, leichte Ideen 6.23 [ausgesondert: Aus der Jugendzeit]

Raff, Joachim: Sinfonie No. 4 (Deutschland, 1871) * schöne Einzelgedanken 4.22 [ausgesondert: Sinfonie 1,2,3,5,10, KLavier-Trio 2]

Reber, Henri-Napoléon: Sinfonie No. 4 (Frankreich (Elsaß), 1857) * einige ungewöhnliche Stellen 9.23

Reinecke, Carl: Sinfonie No. 1 (Deutschland, 1858) ** (besonders Adagio und Scherzo) 10.22 [ausgesondert: Sinfonie 2,3,]

Respighi, Ottorino: Sinfonia Drammatica (Italien, 1914) (Andante) * 2.21 [ausgesondert: Suite in E-Dur]

von Reznicek, Emil: Ouvertüre Donna Diana (bei 41:40) (Österreich, 1894) ** 4.24

Richter, Paul: Sinfonie No. 5 (Rumänien/Siebenbürgen, 1936) ** 8.21, Sinfonie No. 3 (1925) * 11.22

Ries, Ferdinand: Sinfonie No. 7 (Deutschland, 1835) [1. Satz]** 2.23 [ausgesondert: Sinfonie 1,2,4,6,8, Klavierkonzert 2]

Romberg, Bernhard Heinrich: Sinfonie No. 2 (Deutschland, 1810er) ** nicht ganz uneigenständiger Kopfsatz 10.23

Rösler, Anton (Rosetti, Antonio): Sinfonie in g-moll (I-27, A-42) (Österreich-Böhmen, 1750-92) ** recht einängiges Hauptmotiv im Kopfsatz, Concerto per due corni principale * (Schluß) 10.23

Rott, Johann (gen. Hans): Suite für Orchester in B-Dur (Österreich, 1877) ** 12.20, Pastorales Vorspiel *, Sinfonie [1. Satz] *** (1880) 2017

Rubinstein, Anton: Sinfonie No. 1 ** (Kopfsatz) (Rußland, 1850) 10.21 [ausgesondert: Sinfonie 2,3,4,5,6, Feramors]

Rudorff, Ernst: Sinfonie Nr. 3 (Deutschland, ~1900) * keine Aufnahme auf yt 2018

Ruzitska, György: Sinfonie in d-moll (Österreich-Ungarn, 1833) ** Scherzo mit netten Motiven 11.23

Saint-Saens, Camille: Sinfonie No. 3 (Frankreich, 1886) * nette Effekte 10.21, Sinfonie in F-Dur (1856) * 11.21 [ausgesondert: Sinfonie 2, Spartacus, Cello-Konzert]

Salieri, Anton(io): Kaisermesse (Österreich, 1788) ** im Agnus Dei eine Strophenpassage der Haydn’schen Kaiserhymne! 1797, Beginn des Benedictus ist „Weißt du wieviel Sternlein stehen“ 1828, Beginn des Sanctus: Fanfare aus dem Lohengrin (1.Akt), vielmehr von Tannhäuser: Freudig begrüßen wir die edle Halle 1850 11.23

Sarti, Giuseppe: Giulio Sabino (Ouverture) (Italien, 1781) ** 10.20

Freiherr von Schacht, Theodor: Sinfonie in C-Dur (Deutschland, 1790) *** (Finale) schön entwickeltes Adagio-Thema, etwas starres aber schön melodiöses Scherzo, richtiges Abräumerfinale – Zelters Bratschenkonzertstimmung 8.23

Scherber, Martin: Sinfonie No. 2 (1952) * nur erste Hälfte: interessant, ohne großartig zu sein, Sinfonie No. 1 (1938) * einfache Motivik, interessant, aber nichts Herausragendes 8.23

Schmidt, Franz: Sinfonie Nr. 1 * (1. & 2. Satz) 2.21, Notre Dame (Intermezzo) * (Öst.-Ung., 1899-1903) 2.21

Schneider, Friedrich: Sinfonie No. 16 (Deutschland, 1818) * 7.21, Sinfonie Nr. 17 (Deutschland, 1822) (Scherzo/Menuett) ** 8.23

Schnyder von Wartensee, Franz Xsaver: Sinfonie No. 2 (Schweiz, 1835) * leicht melodisch (+Haydn-Hymne) 5.23

Schreker, Franz: Sinfonie in a-moll (Österreich-Ungarn, 1899) (1. Satz) ** 7.21

Scott, Cyril: Sinfonie No. 1 (England, 1899) besonders Scherzo ** von Graf Kessler geschätzt, neben engl. Typus auch soz.-real.-russischer Ton 4.23

Sgambati, Giovanni: Sinfonie No. 1 (Italien, 1881) * 1.23

Sinding, Christian: Sinfonie No.1 in d-moll (Norwegen, 1890/5) * (1. Satz) 7.21

Stamitz, Carl: Sinfonie in D-Dur (Deutschland, 1772) ** Adagio mit ungewöhnlich moderner Harmonisierung (20. Jh.), allerdings zitiert von Bach (Sinfonie Op. 18 No. 5, Adagio) 1.24

Stenhammar, Wilhelm: Excelsior! (Schweden, 1896) ** 2020, Sinfonie No. 1 (1903) * 12.20, Sinfonie No. 2 (1915) [3. Satz] ** 1.21

Sterkel, Johann Franz Xaver: Sinfonie No. 2 (Deutschland, 1782) ** Largo (1. Satz, ev. Presto: 4. Satz) exakte Übereinstimmung in den drei Akkorden des Hauptmotivs des Bratschenkonzerts von Zelter (1. Satz) von 1779/80, hier ein Hauptmotiv des Largos (1. Satz) mit Stakkatofortsetzung. Da Sterkel von 1779 bis 1782 in Italien war, kann das (eig.) kein Kupfer sein. 8.23

Sullivan, Arthur: Irish Symphony (Großbritannien, 1866) [2. Satz] ** 10.22

Svendsen, Johan: Sinfonie No. 2 (Norwegen, 1876) * 2.23

Thalberg, Sigismund: Nocturne (Österreich, 1838) ** 2020, Klavierkonzert in f-moll ** (Österreich, ~1850) 5.20

von Thurn und Taxis, Karl Alexander: Sinfonia in C-Dur (Deutschland, 1790) ** Andante déjà écouté darin 11.23

Toeschi, Karl Joseph: Sinfonia a 11 istromenti (Deutschland, 1773) * interessant geschmeidige Melodieführung

Tournemire, Charles: Sinfonie No. 6 * (Frankreich, 1917/18) effektreich mit Orgel und Chor [ausgemustert: Sinfonien: 2,3,4,5,6,7] 3.21

Vanhal, Johann Baptist: Sinfonie in g-moll (Österreich, ca. 1770) ** Kopfsatz (Andante) 11.23

Vogler, Georg Joseph: Les rendez-vous de chasse (Deutschland, 1792) dritter Satz * beginnt wie I wish I was in Dixie 9.23, Sinfonie in C-Dur „la Scala“ (1799) * Motivähnlichkeit zum Finalsatz von Schachts C-Dur Sinfonie (1790) 10.23

Volbach, Fritz: Sinfonie in h-moll **+ (Deutschland, 1909) (vor allem Satz 1 und 3) 10.22

Volkmann, Robert: Sinfonie Nr. 1 (Deutschland, 1863) *** (vor allem 1. Satz) 2014

Walton, Williams: Spitfire (Prelude und Fuge) (Großbritannien, 1942) ** 10.20, Crown Imperial (Marsch) (Großbritannien, 1937) ** 10.20

Weingartner, Felix: Sinfonie No. 1 (Österreich-Ungarn, 1898) ** Eingangsmotiv des Kopfsatzes ist ein Déjà-écouté aus Les Preludes inkl. Tonartwechsel (2/3 der Laufzeit), am Ende des Kopfsatzes weitere Übereinstimmung (einmal wiederholt) mit einer Stelle aus Les Preludes kurz vor der obigen 4.21 [ausgemustert: 2,3,4,5, Frühling lustige Ouvertüre]

Weyse, Christoph: Sinfonie No. 7 (Deutschland, 1799) * reizvolle Sinfonie im Finale Motivgleichheit mit dem Finalsatz von Schachts C-Dur Sinfonie (1790) 10.23

Wiklund, Adolf: Klavierkonzert Nr. 1 (Schweden, 1907) * 12.20 [ausgesondert: Summer night and Sunrise]

Wilms, Johann Wilhelm: Ouvertüre in D-Dur (Deutschland, 1829) * 6.23 [ausgemustert: Sinfonie 6,7]

Windt, Herbert: Olympia, Fest der Schönheit *** (Deutschland, 1938) 2003 siehe unten; In besserer Qualität inkl. später geschnittener Passagen, aber altersbeschränkt: Olympia, Fest der Schönheit

von Winter, Peter: Kleines Fagottkonzert (Deutschland, ~1800) ** effektvolles Motiv zu Beginn, wenn 1800 stimmt, sehr früh 3.24

Winter-Hjelm, Otto: Sinfonie No. 1 in B-Dur (Norwegen, 1861) *** vier melodiöse Sätze 9.22, Sinfonie No. 2 * 9.22 nette Effekte

Witt, Friedrich: Sinfonie in C-Dur (Deutschland, 1796) * 3.21 einst Beethoven zugeschrieben [ausgesondert: Sinfonie 9]

Worzischek, Johann Hugo: Sinfonie in D-Dur (Österreich, 1821) ** 7.23 interessante Bruckner-Ähnlichkeiten, hat Zug, ohne ausdrückliche Melodie (außer Finalsatz, ebenfalls irgendein déjà écouté), im Scherzo stark Burgmüllers Scherzo der 1. Sinfonie (1833) vorausdeutend

Zelter, Carl Friedrich: Bratschenkonzert in Es-Dur *** (Deutschland, 1779/80?) hochenergetischer 1. und 3. Satz mit herrlichen Melodien (vgl. Beresowski), schönes Adagio (Hauptmotiv des 1. Satzes in Sterkels späterer 2. Sinfonie) 2020, ein Motiv taucht im letzten Satz von Pleyels Sinfonie Concertante a Violon et Viola wieder auf

Zimmermann, Anton: Sinfonie in G-Dur (Österreich, 1770er?) ** ungewöhnliche Pastoritia in den ersten beiden Sätzen, Hauptmotiv des Kopfsatzes mit großer Ähnlichkeit zum Finalsatz der Pastoralen (déjà écouté erkannt von @dissidentum) 12.23

*

Für die Olympia-Musik Herbert Windts gebe ich noch, da es leider keine gesonderte und auch qualitätvollere Aufnahme als Suite o.ä. zu geben scheint, die direkten Zeitmarker der schönsten Stücke im Film an: 1. Waldlauf und Spiel (7min), 2. Einlauf der Athleten (1min, ungeschnitten 1:30), 3. Turnen (7min), 4. Fünfkampf (2min), 5. Geländelauf (3min), 6. Kolbentanz 32:16 (1min), 7. Polo (2min), 8. Radrennen (2min), 9. Military (10min), 10. Turmspringen (4min, 5min ungeschnitten), 11. Der Lichtdom (3min, 4min ungeschnitten) (ges. 42min, 45min ungeschnitten)

205 Stücke

21 Gedanken zu “Unbekannte Schönheiten der sinfonischen Musik . Teil 2

  1. Pingback: Kleine Einführung in die sog. klassische Musik . Teil 1 – Die Reisen des wunderlichen Herrn Wangenheim

  2. Dr. Caligari

    Hilfreich wäre für mich eine kleine Einführung in die eher theoretischen Aspekte der Musik. Die Sätze zu der Sinfonie waren mir z. B. durchaus nicht klar.

    Vielleicht wäre hier eine kulturhistorische, geschichtsphilosophische Betrachtung durchaus angebracht. Wie haben verschiedene Vorstellungen zur Ästhetik, verschiedene Lebensgefühle sich im Laufe der Zeit ausgedrückt?

    Spengler habe ich lange Zeit für nicht besonders plausibel gehalten, eben so abgetan. Erst seine Betrachtungen über den Begriff er Zahl fesselten mein Interesse. Genau so etwas finde ich irgendwie faszierend, wie unterschiedlich die menschliche Perspektive auf selbst etwas scheinbar so ultra-objektives wie der Mathematik sein kann. „Faustische“ Infinitimalrechnung, „apollinische“ aristokratisch-euklische Geometrie, „magische“ Algebra und dergleichen. Leider kommt allgemein Asien sehr kurz bei Spengler.
    Man erkennt ganz trivial, dass hier auch eine andere Grundhaltung zur Natur sich ausdrückt. Wer die Welt als einen winzigen Punk in der Unendlichkeit wahrnimmt, der wird von vornherein anders herangehen. Er wird in seinen Theorien die Erklärungsgewalt vermehren wollen, es geht ja dem Unendlichen entgegen, am Ende wartet – darf es fromm erhofft werden? – Gott.
    Der antike Grieche dagegen, dessen Zahlbegriff war anders…

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  3. Ich denke, die Satzfoge hat man recht schnell verinnerlicht: Kopfsatz, dann meist langsamer Satz, worauf Scherzo (manchmal umgekehrt) und schließlich Finalsatz. So zumindest der Standard. Wie die Sätze im einzelnen ausgeführt sind, ist so eine Sache, mit der ich mich sebst nicht gut auskenne, aber wohl ohnehin etwas studieren muß. Scherzi bspw. bestehen aus dem Scherzo, einem Trio von idyllischer Art, dem wieder der Scherzo-Teil folgt. Die rahmenden Sätze haben meist Sonatenform. Hin und wieder wird eine Coda angehängt.

    Ja, das Mathematik-Kapitel im UdA ist recht beeindruckend. Aber für mich as mathematisch nicht ganz Unbeleckten doch auch mit zu vielen Schwierigkeiten behaftet. Die Grundbeobachtungen aber sind aus meiner Sicht richtig.

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  4. Dr. Caligari

    Noch kurz nachgetragen: Ich habe das Kapitel über Zahlen und Mathematik von Spengler erneut gelesen und ich habe dabei drei große Kritikpunkte:
    1.
    Spengler konzentriert sich fast ausschließlich auf Antike und Abendland. Die „magische“ Kultur kommt kaum vor und wird später sogar als Sonderfall erklärt. Für seine These wäre die nähere Besprechung der indischen, chinesischen und ägyptischen Kultur und ihrer Mathematik unendlich fruchtbarer gewesen.
    2.
    Spenglers Deutung der Mathematikgeschichte entspricht nicht exakt meinen Bild als eifrig-lesenden. Man könnte ebenso gut die Nicht-Standardanalysis als den Höhepunkt der Mathematik des Abendlandes erklären, der die Entdeckung von unendlich kleinen Zahlen ernst nimmt.
    Spengler scheint mir die damals aktuellen Entwicklungen im Bereich der Logik, Mathematik und Philosophie nicht ausreichend zu würdigen. Für ihn sind das nur Verfallserscheinungen oder Detailsarbeiten. Aber Gödel und Co. lassen sich auch anders deuten.
    3.
    Wie konnte die nach Unendlichkeit strebende, faustisch-abendländische Kultur ausgerechnet die Quantentheorie entwickeln. Der Atomismus widerspricht im Prinzip doch der Idee des unendlich Teilbaren?
    Klar, Spenglers Buch handelt nicht davon, aber er hätte das meines Erachtens aufgreifen müssen.

    Positiv daran ist:
    S. scheint zumindest die Mengenlehre aufgenommen zu haben.
    Die Thematik „Zahlen als Kulturabhängig“ scheint mir eine orginelle Antwort auf die Arbeiten von Frege, Wittgenstein und Co. zu sein.
    Er scheint dabei mehr die mathematische als die philosophische Seite betrachtet zu haben.

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  5. Zu 1. Spengler betrachtet eigentlich in jeder Hinsicht nur Abendland und Antike. Die vollmundige Siebenheit der Kulturen wird generell nicht überzeugend eingelöst. So auch hier in der Mathematik. Das ist ja einer meiner wesentlichen Kritikpunkte, die dann recht natürlich auf KuI zusteuern. Nur die magische Kultur behandelt er im zweiten Band nochmal umfangreicher. Aber daß das andere Gründe hat, stelle ich ja in einem älteren Video dar.

    Zu 2. Sie können zu den aktuellen Entwicklungen der Mathematik bzgl. des UdA nicht Gödels Unvolständigkeitssatz nennen, denn der UdA ist 1918 bzw. 1923 erschienen, der Unvolständigkeitssatz aber erst 1931.

    Zu 3. Soweit ich mich entsinne, kommt die Quantenmechanik bei Spengler kaum vor. Den Kritikpunkt teile ich mit Ihnen. Allerdings war die Quantenhypothese ja zu dieser Zeit noch recht umstritten. Selbst Planck hat z.T. alles kontinuierlich erklären wollen. Aber mit dem Prinzip der ingenen Speizung wird in KuI dann ja gewissermaßen eine Interpretation geliefert.

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  6. Zu 2. Sie haben Recht und ich hatte unrecht. Asche auf mein Haupt.
    Wobei der Irrtum ja auch der steinige Weg der Erkenntnis sein kann.

    Zu 3: Ich halte die grundlegend metaphysisch-kosmologische Frage, ob die Welt ein Kontinuum ist oder sonst eine Unendlichkeit existiert, halte ich für unbeantwortet. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie am Ende hart unbeantwortbar bleibt.
    Die Idee, dass der Gedanke der Unendlichkeit selbst „faustisch“ ist, hat mich ein wenig in den Käfig bekommen.

    Interessant ist ja auch die Frage nach der 9. Kultur. „Russland“, ich würde sie freilich eher in den weiten des Pazifik verorten. Die Grundidee einer Welt, die zwar ENDLICH aber unbegrenzt ist, scheint mir sehr interessant und so wie ich SPENGLERs Beschreibung der magischen Kultur verstehe, hängt das Wesen einer neue Kultur ja grade nicht an der Geographie.
    Es könnte also sein, dass sich inmittel „faustischer“ Kultur schon einige Spuren der 9. Kultur finden.
    Eine neue kosmologisch-ontologische Grundannahme, die die neue Weltsicht formt:
    Antike → „apollinisch-euklidische“ Plastik, konkrete Körper, Begrenzte Endlichkeit.
    Abendland → „faustisch-cartesianische“ Unendlichkeit, Funktionstheorie, unbegrenzte Unendlichkeit.
    9. Kultur → „sphärische Kugel“, grenzenlose Endlichkeit auf der Oberfläche über den Weiten des Pazifik und den Steppen Russlands.
    Während die „faustische Kultur“ Universalisierbarkeit in Ethik und Recht durch abstrakte Prinzipien anstrebte, wird die nächste Kultur da möglicherweise viel lockerer sein. Für uns würde das wie ein grenzenloses Chaos aussehen, indem verschiedene System gleichzeitig aber nicht gleichberechtigt bestehen. Im Rahmen des Systems, ich denke natürlich auch an „Rot-China“, wird es aber logisch und fast zwingend sein, während die abendländische Kultur an Strahlkraft verliert und irgendwann aufhört.

    In meinen Phantasien sehe ich sogar schon Grundzüge einer 10., vielleicht finalen Kultur: Fraktale Strukturen. Eine Kultur, die sich schon mit der grundsätzlichen Frage befasst hat, wieso wir nie auf Ausserirdische trafen und die „transhumane“ Visionen tief aufnimmt. Eine Art „Welt am Draht“. Aber das ist natürlich nur Phantasie und Science Fiction. Die reale KI ist noch weit vom „Absprung“ entfernt.

    P.S.: Nachträglich Frohe Weihnachten ins Haus Wangenheim und einen guten Rutsch. Unsereins arbeitet ja jetzt an Bildschirmen oder über staubigen Büchern.
    P.P.S: Entschuldigen Sie, dass ich Sie mit meinen Spekulationen zupflastere. Mir ist klar, sie sind wahrscheinlich weiter bei SPENGLER als ich. Könnten Sie vielleicht einen Text zum Thema oder ein Video machen?

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  7. Eigentlich erklärt Spengler nicht, woher die Ursymbole kommen, aber der Beginn des zweiten Bandes weißt durchaus auch auf Geographie, also Landschaft hin. Viel mehr ist ja neben dem Klima nicht vorhanden, um die Unterschiede hervorzubringen.

    Ich danke Ihnen, auch wenn Ihr Kommentar lange im Spam-Ordner gelegen hat, und Weihnachten längst vorbei ist. So wünsche ich Ihnen nun wenigstens ein Frohes Neues Jahr!

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  8. Tristan von Neumann

    Lieber Herr Wangenheim,

    Sie sind ja ein echter Solitär und Uomo Universale in der deutschen Intellektuellenlandschaft. Wer kann schon über fundierte Kulturbildung (einschließlich Naturwissenschaft und Mathematik) verfügen und gleichzeitig um den Reiz des (damals viel künstlerischen) Computerspiels wissen.
    Ich bin sehr dankbar, Sie zufällig entdeckt zu haben.

    Als ich 12 Jahre alt war, spielte ich Elite auf dem C64 – damals noch ohne Musik.
    Auch das „Scherzo for Motorcycle and Orchestra“ aus dem dritten Indy lief bei mir rauf und runter, neben der durchaus verwandten Sinfonie No. 5 von Prokofiev.
    Die Begeisterung für Wagner kann ich als jemand, der mit dem Schott-Libretto (mit den marginalen Leitmotiven) auf Audiokassetten die vom Vater überspielten Ring-Aufnahmen
    auf dem kindlichen Kassettenrekorder hörte, sehr gut nachvollziehen…

    Lassen Sie mich als Dank einige vielleicht Ihnen unbekannte Meisterwerke nahelegen.

    1. Dass Sie Hans Rott überhaupt kennen, spricht für Sie.
    Seine große Sinfonie in E (die Mahler als die neue Avantgarde betrachtete, und deren thematisches Material sich an dutzenden Stellen in Mahlers Gesamtwerk wiederfindet) war lange nicht in wirklich zufriedenstellenden Aufnahmen zu finden. Neulich aber dann diese, ausgerechnet von der Deutschen Grammophon, die in den letzten Jahren stark nachgelassen hatte:

    2. Ein völlig unterschätzter und auch immer noch zu wenig gespielter Komponist ist Rudi Stephan, der vielleicht als letzter traditioneller Avantgardist (also einer der nicht mit der Brechstange und der Abrissbirne arbeiten muss, um Neues zu schaffen) des Kaiserreiches gelten kann, und mit ihm unterging (er starb 1915 im Kriege).
    Seine „Musik für Orchester“ stellt eine Art „romantische Neue Sachlichkeit“ vor, die durchaus schon auf Hindemith verweist. Auch seine anderen wenigen Orchesterwerke sind unbedingt empfehlenswert.

    3. Ich vermisse CPE Bach in dieser Liste – „Er ist der Vater, wir sind die Buben.“, er ist der Hauptpfeiler des 18. Jahrhunderts.
    Von ihm stammen einige der modernsten Sinfonien des 18. Jahrhunderts, und ich möchte wagen zu sagen: sie sind moderner als so manches von Mozart und Haydn.
    Als Beispiel mag diese Sinfonie gelten, aber auch die unter der Vorgabe völliger künstlerischer Freiheit in Auftrag gegebenen Streichersinfonien WQ182 sind unbedingt zu kennen, sowie die Sinfonie Wq 178.

    4. In letzter Zeit wiederentdeckt, doch immer noch zu selten gespielt:
    Franz Ignaz Beck, der als Haydn-Zeitgenosse mit Beethovenscher Verve und schon romantischem Drang glänzt, und das hier schon im Jahre 1762:

    5. F. X. Sterkel wurde neulich ein Denkmal gesetzt, mit dieser feinen Aufnahme:

    Beethoven besuchte Sterkel, er schien ihm offenbar interessant. Man hört sehr gut, warum.
    Seine Sinfonik ist höchst originell und modern.

    6. Der französische Wagnerisme entfaltet sich sinfonisch bei Albéric Magnard (der heißt wirklich so), weswegen ich Ihnen die dritte Sinfonie nahelege, ein Meisterwerk, das im Finale geradezu körperliche Effekte auslöst (zumindest bei mir). Sein Tod durch Deutsche Soldaten ist bedauerlich.

    __
    Das soll es erst einmal gewesen sein. Schreiben Sie mir gerne privat, wenn Sie über Musik sprechen wollen. Ihr Eindruck der oben vorgestellten Musik würde mich auch durchaus sehr interessieren.

    Beste Grüße.

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  9. Das freut mich sehr zu hören, Herr v. Neumann. Man könnte sagen, je irrwitziger der Bildungsweg, desto breitere Fluren hat man notwendig durchstreift. Mit den beiden Bach-Beispielen locken Sie mich allerdings nicht hinterm Ofen vor. Bei Beck ist da schon mehr eigenständige Motiv- und Strukturbildung abseits des Stils, was positiv heraussticht. Da gibt es für den Kopfsatz durchaus zwei Sternchen von mir. Und Prokoviews Fünfte muß natürlich in die Liste mit hinein, sehr richtig. Obwohl das ja Variationen über ältere Themen sind. Im ersten Satz ein Ring-Thema und beim zweiten Satz überlege ich noch. Danke für Ihre Beispiele!

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  10. Tristan von Neumann

    Vielen Dank für die Antwort. In der Tat ist es für viele schwierig, die Modernität von CPE Bach angesichts der nachfolgenden Entwicklung zu hören. Ich habe mir angewöhnt, diese beim Hören zunächst zu vergessen, und nur die vorher entstandene Musik beim Hören gegenwärtig zu halten. Dadurch erschließen sich die spannenden Ideen doch besser.
    Gerade gute Ideen vervielfältigen sich bei Epigonen und Weiterentwicklern zu einem geläufigen Stil, so dass der Urheber in Vergessenheit gerät. Dieses Phänomen beschrieb Adorno auch einmal am Beispiel Schrekers, dessen schillernde Harmonik später von Schlagerkomponisten adaptiert und damit banalisiert wurde. Das ändert jedoch nichts daran, dass mir die Kammersinfonie Schrekers immer noch sehr gut gefällt.
    Beispiel auch heute noch verblüffender Anachronismen finden sich selten, und der erfahrene Hörer wird je größer die Kenntnis desto seltener überrascht.
    Bei mir zuletzt bei einer 400 Jahre alten Musik, die auf irritierende Weise an Beethovens späte Streichquartette gemahnt.

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  11. Nun, mein Augenmerk liegt im Grunde nicht darauf, ob jemand im Stil vorgegriffen hat. Mich interessiert überhaupt der Stil eigentlich gar nicht. Ein gutes klassisches Stück kann ebenso gut oder schlecht wie ein romantisches sein, nur eben auf andere Weise – hier meist zu viel konventionelle Virtuosenszenen, dort zu beliebiges Tonartdurchschreiten.

    Für mich zählt einzig die vollendete Abstimmung einer guten melodischen Idee mit ihren harmonischen wie strukturellen Entwicklungen. Ob das ganze dann barock durchgebildet ist oder in einem postromantischen Stil und zu welcher Zeit das geschieht, also konventionell veraltet oder die Musik des nächsten Jahrhunderts vorwegnehmend, ist für mich bloß eine Randnotiz wert, witzig zu bemerken aber ohne Einfluß auf die Qualität des Stückes. Romantische Einsprengsel in einem klassischen Stück machen es qualitativ für mich als Hörer nicht besser, sondern nur die oben genannten Momente: Melodie, Fortspinnung, Struktur. Und nach diesen Kriterien beeindruckt mich auch eine Ähnlichkeit zwischen einem Renaissancestück und einem beliebigen Beethovenschen Streichquartett nicht sonderlich. Und zwar deshalb, weil auch das Streichquartett um 1800 in der Regel konventionell ist und nur in einigen Ausnahmen ganz besondere melodische und Entwicklungsqualität aufweist. Würde also eine melodische Vorwegnahme etwa des Kaiserquartetts auftauchen, dann wäre das für mich bemerkenswert. Und zugleich wäre unbedeutend, ob es Quartettcharakter hat usw.

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  12. Tristan von Neumann

    Welche Kriterien man zur Beurteilung heranziehen bzw. welche man gewichten möchte, ist natürlich sehr persönlich. Der Stil ist letztlich natürlich nicht entscheidend, sonst würde ich ja auch gar keine Musik aus so vielen verschiedenen Epochen hören wollen. Dennoch muss man sagen: um einen völlig neuen Stil zu prägen, bedarf es einiges an Erfindungskraft. Wenn dann innerhalb dieses Stils auch noch eine große Erfindungskraft der Ideen und der Struktur zu finden ist, und vor allem Wiedererkennbarkeit rundet das die Werke zu Meisterwerken ab.
    Für mich entscheidend ist aber auch: Bleibt ein Stück immer wieder spannend oder nutzt es sich ab? Und da ist CPE bei mir hoch im Kurs. Seine Ideen und Strukturen, nicht nur der Stil, sind originell. In der oben als erste verlinkten Sinfonie ist alleine schon der Anfang außergewöhnlich mit der Beschleunigung der Synkopen und der zunächst unbestimmten Richtung.
    Aber gut- vielleicht ist ihnen Beck einfach näher. Hören Sie doch einmal die Sinfonie in Es op.3/4 – Beck verzichtet auf eine Wiederholung der Exposition, täuscht diese aber in der Durchführung an, doch plötzlich verlässt die Musik den Pfad und verdichtet sich zu höchster Spannung. Dann in der Reprise plötzlich Hornsoli der Beschaulichkeit und Entspannung, bevor es wieder treibend wird, die Hörner aber zu großer Selbständigkeit geführt werden. Der sich hineinschleichende Einsatz des einfachen, kreisenden Begleitmotivs und die geniale Verwendung in der Coda zeigen, dass dieses mehr Bedeutung hat als man am Anfang. Strukturell einfach sehr subtil durchdacht und einfach durchgehend wach und spannend.

    Ich finde es jedenfalls lohnend, sich abseits von Mozart und Haydn mit dem 18. Jh. zu beschäftigen. Es gibt viel zu entdecken.

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  13. Ich halte meine Kriterien nicht für eine persönliche Wahl. Vielmehr darf ich sicher behaupten, daß Melodie unbezweifelbar das erste Element jeder Musik ist. Dafür muß man kein Wagnerianer sein, glaube ich. Es ist einfach DAS Kriterium der Musik schlechthin. Zumindest für die abendländische. Man kann andere Musik freilich machen, aber ich glaube kaum, daß irgend jemand, selbst Chinesen, die unmelodische Musik ernsthaft einer melodischen vorziehen werden (unbenommen dessen, was melodisch exakt heißt).

    Und wenn das erst einmal als Kriterium steht, so ist freilich der zweite Schritt, wie und mit welchen Mitteln diese Melodie, dieses Motiv verarbeitet wird. Aber ohne das erste, kein zweites. Das andere wesentliche ist dann freilich die Frage der Harmonik. Aber mir ist völlig geläufig, daß diese Kriterien sonst von Musikkennern praktisch nie angelegt werden (das zweite gelegentlich). Das ist ja der Grund, weshalb ich diese Liste aufstelle: weil es sonst niemand tut.

    Alle Kunstkenner gehen bevorzugt ab einem gewissen Kenntnisgrad ins Detail, in die Fachdifferenzen, ins Formale. Ich tue das nicht. Einfach, weil es am Hörwert nichts ändert, es ist und bleibt formaler Art. Etwas worüber der Herr Professor für Musik eine halbe Stunde referieren mag, aber deshalb der Musik auch von außen keine neue Qualität hinzufügen konnte. Denn nicht das Formale, sondern der akustische Eindruck ist entscheidend. Musik ist schließlich keine Philologie.

    Daher ist für mich auch beduetungslos, von wem die Musik stammt. Beck ist mir also keineswegs näher. Ich kenne etliche gute Stücke, für deren Komponist gilt: Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn! Und ich denke, erst wenn man das von seinen sog. Lieblingsstücken behauptet kann, hat man echte, außerhalb des Stils und der Person liegende Kriterien angelegt. Alle anderen, in denen sich die sog. Lieblingskomponisten aneinanderreihen, sind Konventionskriterien, sozusagen Argumente ad hominem.

    Denn ganz im Gegenteil: Diese neue Beck-Sinfonie ist ein schönes Beispiel dafür, daß bloße Strukturveränderungen rein akademische Variationen ohne den geringsten Einfluß auf die Wirkung der Musik sind. Der Satz wäre musikalisch keinen Deut besser oder schlechter, wäre er strukturell konventioneller gestaltet. Eben weil das Material, d.i. die Motive und die Verarbeitung konventionell sind.

    Daher höre ich bestimmt zehn Sinfonien, bis mir eine überhaupt der Erwähnung in meiner Liste wert erscheint. Wohl sind es 20, bis eine 2 Stern-Bewertung vorkommt. Und 2+ oder 3 Sterne kommen kaum mehr als einmal im Jahr vor.

    Auch das ist ein gutes Kriterium für die Qualität der Kriterien. Die meisten Musikkenner finden kaum ein Stück einmal schlecht. Im Grunde haben sie also gar keine Kriterien, solche, die einmal zur Aussonderung führen würden, sondern wollen einfach nur „unbekannte“ Komponisten oder Stücke kennen, was dann gewissermaßen den eigenen Rang unter Kennern erhöht. Das ist mir genauso wie in der akademischen Welt das bloße Faktensammeln zuwider. Entweder, man kann aus einem historischen Faktum wirklich etwas ableiten oder die Kenntnis desselben ist bedeutungslos. Genauso ist es hier: Entweder ein Stück hat wesentliche Qualitäten in der Haupteigenschaft der Musik, nämlich Melodie oder wenigstens Harmonik, oder man kann das ganze als Gelegenheitsstück auch wieder vergessen.

    Kraus hat im Kopfsatz einmal kurz einen Ausbruch aus der Konvention gewagt, hier die Konvention der hellen klassizistischen Töne, als er nach unten in den Baß stößt. Da hätte etwas bemerkenswertes beginnen können. Aber es war bloß ein folgenloser Ausritt oder besser gesagt, ein ausversehener Fehltritt, der schnell wieder in gewöhnliche Bahnen gelenkt genauso schnell wieder stilkonform wurde.

    Kurz: Im Stil kann jeder Formalist, jeder fleißige Schüler Komponist werden. Interessante, will heißen melodisch oder harmonische interessante Musik kann nur das Genie machen. (Manchmal mag ein Konventionsmensch einen genialen Moment haben. Auch das ist möglich.)

    Und ja, der erste, der stilprägend wird, ist dann dieses Genie. Da wir aber mindestens auf die Barockmusik absolut angelernt sind, auch auf die Klassik noch, gilt uns abendländischen Menschen aller Streit um diese Formen nicht als neu, sondern als gegeben. Wir beginnen also gehörmäßig immer auf einem sehr hohen historischen Niveau. Das ist schon wahr.

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  14. Tristan von Neumann

    Dass Melodie das erste Element der Musik sei, ist zunächst selbstverständlich.
    Die Frage ist allerdings, was als „melodisch“ gilt, übrigens ein Begriff, der vor längerer Zeit nicht in unserem Sinne verwendet wurde.
    Und natürlich hat der Musikwissenschaftler ein größeres Interesse an Details der Entwicklungen.
    (So auch der Kunsthistoriker – Ich sage nur: Vorhangbogenfenster. „Ist halt ein Fenster“ sagt der Unbedarfte. Dem Kenner zeigen sich die Unterschiede und Entwicklungen. Übrigens vielen Dank für das Video. Ich empfehle jedem Menschen einen Besuch im Meisterwerk der Vorhangbogenfenster, dem Schloss zu Meißen, das in jeder Hinsicht durch seine Geometrie verblüfft. Glanzlichter: Treppenhaus, Eingangshalle, Wappensaal, und die papiern wirkenden, origamihaften Eckgestaltungen. Die Superhelden-Malerei des 19. Jh. in einigen Räumen kann man sich auch wegdenken, sie gehört aber natürlich zur Geschichte des Schlosses.)

    Widersprechen muss ich zum Teil bei der Annahme, es sei keine Philologie dabei. Selbstverständlich ist Musik auch Sprache. Dies ist je nach Epoche auch untrennbar, somit auch mit der Rhetorik verknüpft, somit Musikbetrachtungen auch philologisch sind.
    In diesem Sinne ist ein schön klingender Satz allein nicht ausreichend, um einen schönen Text zu erschaffen.
    Melodische Meister müssen auch nicht in der Form bzw. der Durchführung des Materials Meister sein. (Siehe Schubert)
    Doch muss man sich gewahr sein, dass in anderen Epochen Melodie kein herausstechendes Kriterium der Qualität war, bzw. gar kein fester Begriff. Im 18. Jh. galt der alte Bach z. B. auch als melodisch unnatürlich und zu kompliziert im Kontrapunkt, sogar noch zu Lebzeiten. Die Abkehr von der Barocken Geometrie hin zur Empfindsamkeit, zur „Natürlichkeit“ fällt nicht mit dem Tode JS Bachs zusammen…

    Die Wichtigkeit origineller Erfindung von Themen ist eine Sache des 19. Jahrhunderts.
    Mein Kriterium ist zunächst immer: will ich das Stück hören? Sitze ich gespannt da, spricht die Musik, werden Entwicklungen klar, werde ich überrascht, gibt es Abwechslung, und nicht zuletzt, werde ich gerührt? Und: Würde ich es nach einmaligem Hören und längerer Zeit wiedererkennen? Dann hat es einen eigenen Charakter und Wert.

    Zustimmend sage ich: nicht jeder Komponist ist immer gut, nicht jeder heute Unbekannte ist zurecht vergessen. Und nicht jedes unbekannte Stück ist zu unrecht vergessen.

    Mich interessiert aber: was galt denn zu gewissen Zeiten als gut? Was war beliebt? (Beliebtheit hat immer eine Ursache, kein wirklich schlechtes Stück ist jemals beliebt, die Ausnahmen stammen wohl aus dem 21. Jh.) So entdeckt man viel Gutes.
    So auch Kraus: Haydn bezeichnete die Sinfonie als Meisterwerk, das man noch lange spielen werde. Ich finde sie nicht konventionell, sie hat einen starken Wiedererkennungswert. Mozart hatte seine späten Sinfonien noch nicht geschrieben, Beethoven noch gar keine.
    Ja, ich bleibe dabei: Kenntnis späterer Musik verhindert oft die Wahrnehmung von Feinheiten und Wirkungen. Wir leben in einer Welt, in der man sich erst länger zurückziehen muss, damit etwas wirkt. Beim Hören von Musik ist es ebenso. Ein Mensch der Renaissance hatte ganz andere Wahrnehmungsgrenzen.
    Aber jeder hat eine gewisse eigene Wahrnehmung, und darüber lässt sich eben nicht streiten. Die obige Liste spricht mich dennoch größtenteils sehr an.
    *** sind auch wirklich selten zu vergeben, sonst verliert die Auszeichnung.

    Hier noch weitere wie ich finde hörenswerte Musik.

    ETA Hoffmann: Das Kreuz an der Ostsee, Sinfonia (Theatermusik)
    – sehr wagnerische und brucknerische Ideen, allerdings schon 1805 entstanden.

    Johann Rufinatscha. Sinfonie No. 5. Einfach schön.

    Felix Weingartner: Das Gefilde der Seligen
    Ein sehr gelungenes Sinfonisches Gemälde nach Böcklin. Fantastische Atmosphäre, wie sie selten gelingt.

    Gerade zufällig entdeckt, Neuerscheinung:
    Schmittbaur C-Dur (1776) – alle Sätze voller origineller Effekte und Ideen. Recht eigener Stil. Hat mich überrascht.

    Darüber hinaus möchte ich noch auf eine Komponistin hinweisen:
    Anne Louise Brillon de Jouy, auch wenn es ein Klavierwerk ist.
    Sonate in a-Moll (beide Sätze, aber besonders der zweite).
    Diese Sonate zeigt, dass die musikalische Romantik, die wir mit Chopin und einigen Klavierwerken von Beethoven verbinden, eigentlich eine durch die Französische Revolution abgeschnittene Entwicklung des französischen Rokoko-Salons ist, in dem Frauen am Klavier saßen, um zu fantasieren. (Siehe auch Mondscheinsonate: „Quasi una Fantasia“). Die Sache ist m. E. noch gar nicht richtig aufgearbeitet.

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  15. Es mag zunächst trivial erscheinen, die Melodie an die Spitze zu stellen, es ist aber keineswegs selbstverständlich. Denn die Musikwissenschaft etwa tut das gar nicht. Und zwar gerade weil der Begriff nicht genau definierbar ist. Also weicht sie auf die sozusagen wissenschaftlich behandelbaren Eigenschaften aus, so wie der Kritiker ebenfalls allzuoft. Daher die starke Fokussierung auf Harmonieverhältnisse. Hier kann man sich fachmännisch austoben. Zur Melodiebildung hört man fast nie etwas. Obwohl man sich darum ernsthaft bemühen könnte.

    Ich glaube, beim Begriff Philologie verstehen wir uns miß. Ich meinte lediglich das philologische Auseinandernehmen des Partiturtextes, nicht etwa die Tatsache, daß freilich Musik sprachliche Rhythmik besitzt. Das sekundiere ich durchaus. Das würde ich dann aber vielleicht mit dem Begriff Struktur oder Feinstruktur des Stückes belegen, besser noch: Satzstruktur und Phrasenbildung.

    Wo ich Ihnen eindeutig widerspreche, ist die Vorstellung, erst das 19. Jahrhundert habe die Melodie gesucht oder höher geschätzt. Bach hat natürlich gewußt, daß ihm mit „Jesus bleibet meine Freude“ ein melodischer Zauber gelungen war. Erst vor wenigen Tagen habe ich den Freiherrn von Schacht entdeckt, der ganz klassizistisch, wie es ja auch für Mozart und Haydn oft genug gilt, hier aber schlagend hervorsticht, Melodie zum Zentrum mindestens des Scherzos und des Finales gemacht hat, indem mit dem Motiv fast nichts passiert. Das zeigt an, wie sicher er sich (zu recht) war, daß er einen melodischen Gassenhauer gelandet hatte (obwohl etwas Variation noch besser gewesen wäre). Auch gotische Musik und selbst Renaissancemusik funktioniert schon so. Freilich: Selten ist die Melodie immer gewesen, weil es nur wenige Komponisten mit genialen melodischen Einfällen gab, daneben aber auch einen großen Haufen solcher mit mittelmäßigen, die dann das Gewicht etwa auf Verarbeitung, Struktur, Instrumentation oder Virtuosität gelegt haben. Je mehr Musik man kennt, desto mehr Mittelmäßigkeit wird man natürlich kennenlernen.

    Und ja, freilich gab es Musik für den aristokratischen Gesellschaftsabend, der nur plänkeln sollte, wie auch Feuerwerks- und Wassermusik. Aber Kaffeehausmusik und weitgehend dahinplätschernde Untermalungsmusik gibt es auch zuhauf im 19. Jahrhundert.

    Ansonsten stimme ich Ihren Fragen durchaus zu: Klarwerden der Entwicklung, Überraschung, Abwechslung, Rührung. Allerdings ist das letztere sozusagen die Wirkung hauptsächlich der Melodie, höchstens mal eines wundersamen harmonischen Tonartwechsels. Und da scheiden sich dann die Geister offenbar. Und ich pflichte Ihnen auch bei, daß es natürlich immer Gründe für die Beliebtheit eines Stückes gab. Andererseits ist ja nicht unbedingt immer klar, ob das Stück wirklich beliebt war. Viele Werke sind für den einmaligen Gebrauch geschrieben, selbst das Wagnersche Liebesmahl noch.

    Ich wußte allerdings nicht, daß E.T.A. Hoffmann Musik geschrieben hat. Sehr interessant. Ich nehme an, Sie meinen die tiefen Posaunen seien Brucknersch/Wagnersch? Ja, könnte man sagen. Ist ungewöhnlich für 1805. Woher kommen denn die schnellen, starken Streicherwischer? – Liszt, Mazeppa? Das ist fast exakt, würde ich sagen. Bemerkenswert.

    Rufinatschas 5. hat schon einen Daumen nach unten von mir bekommen, wie ich sehe. Weingartners 2. ebenfalls.

    Schmittbauer mag hier etwas außergewöhnlich sein. Aber das ist ja wie in der modernen Kunst auch: Nur um des Andersseins willen anders zu sein, macht noch keine Kunst. Ich kann auch überraschend, einfallsreich usw. sein, insbesondere wenn ein klarer Stil vorgegeben ist (siehe den Spaß bei Mozart), ohne daß dabei eine gute Komposition herauskäme. Ich sage nur: der Beginn des 3. Satzes. Das ist eher gewollt oder ungewollt komisch.

    Und die Klavierstücke haben eben auch wieder das Problem das Hauptkriterium nicht zu erfüllen: keine Melodie. Das ist der entscheidende Unterschied zur Mondscheinsonate. Und freilich, bei Chopin gibt es auch vieles, das mehr Improvisation sein will, als echtes Stück. Aber wäre Chopin nur das, ohne alle Melodie, würde man sich um ihn wahrscheinlich kaum mehr kümmern als um diese Klaviermusik ein halbes Jahrhundert früher. Zu recht.

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  16. Tristan von Neumann

    Vielen Dank zunächst für die Fortsetzung dieser fruchtbaren Diskussion, auch wenn wir nicht immer denselben Geschmack oder dieselbe Ansicht vertreten.

    Kurz zur Musikalischen Rhetorik:
    Sie umspannt eben nicht nur Sprachrhythmus, sondern auch musikalische Motive.
    Es gibt eine nahezu standardisierte Affektenlehre, die generische Motive als *den* Ausdruck bestimmter Gefühle geradezu auf naturwissenschaftliche Art festgehalten haben will. Das ist etwas ganz anderes als die individuelle „geniale“ Idee von Themen, wie sie später zum Qualitätsmerkmal wird. Wir müssen uns leider damit abfinden, wie die Menschen zeitgenössisch ihre Musik gesehen haben.
    Dass dabei geniale Dinge herauskommen, ist Sache des Künstlers, der die Affekte
    gekonnt in Musik fasst. Diese Kantate von Johann Christoph Bach (ein Onkel von JS, den dieser sehr verehrt hat) besteht eigentlich nur aus generischer Rhetorik, jedoch…

    Zur Melodiebildung: vielleicht fehlt Ihnen genug Einblick in die Musikwissenschaft, denn das Thema wird natürlich auch bearbeitet. Jedoch ist gerade in der Abendländischen Musik die Polyphonie das Einzigartige (wenn man von einigen sehr eigenen Entwicklungen bei Pygmäen-Stämmen absieht, die vielleicht am ehesten mit der Musik der Notredame-Schule vergleichbar sind, siehe hier: https://www.youtube.com/watch?v=rnogT0JsJJ0), daher ist Melodie auch immer mit Harmonie verknüpft.
    Der Gregorianische Gesang als Quelle melodischen Materials bleibt über Jahrhunderte konstant. Im 16. Jh. kommt Rückbesinnung auf die Griechische Antike (von deren Musik man aber nur theoretisch wusste, bis man einige wenige erhaltene Stücke fand), und wie ich
    behaupte Einfluss aus der indischen Musik hinzu.
    Melodiebildung fand in relativ standardisierten Modus-Konventionen statt, auch wenn es dort die Neuentwicklungen aus Frankreich (Chanson) gab, die ihre eigene Sprache über nicht genau zu entschlüsselnde Wege zur Barockmusik führen.

    Hier kann man auch etwas zum Thema Beliebtheit sagen: Es ist keinesfalls so, dass Musik schon schnell wieder vergessen weil nur für den schnellen Gebrauch geschrieben war.
    Genau die beliebten Stücke wurden im 16. Jh. immer wieder kopiert und bearbeitet, teils sogar neu im Druck herausgegeben. Drucke waren teuer, nur das Beste kam in den Druck. Diese Auswahl sagt sehr viel aus. Als Lautenspieler, der in den letzten Jahren das gesamte Repertoire der Drucke und der Handschriften durchforstet hat, ist mir sehr viel klar geworden über Beliebtheit und Qualität. Es gibt durchaus Evergreens, die in unzähligen Handschriften zu finden sind, und die auch heute sofort wieder die Beliebtheitsskala erklommen haben, ohne dass man über die damalige Beliebtheit bescheid gewusst hätte.
    Hier ein Beispiel:

    Erst im 18. Jh. wird Musik zur „Wegwerfware“, zeitgleich mit dem Niedergang der Improvisation und dem Musikmarkt für Amateure. Dies ist jedoch nur eine kurze Phase, denn es schließt sich der Historismus an, der Alte Musik wiederentdeckt. Mozart hatte z. B. Kontakt mit Bachs Musik, weil „alte“ Musik ihm neu vorgestellt wurde. Diese Begegnung hat Mozarts Musik verändert. Sehr schön dargestellt in dieser Spielszene:

    Wichtig auch:
    Erst im 17. Jh. kommt das, was wir als Tonalität kennen, überhaupt zur Geltung. Melodie und Harmonie über Kontrapunkt zu einer Einheit zusammenzuführen, auf fast geometrische Weise, ist Kennzeichen des 17. Jh. und diese Sicht läuft bei Bach zusammen und findet dort einen Abschluss. Melodiebildung erfolgt als Kontrapunkt zu harmonischen oder kontrapunktischen Zyklen.

    Was Ihnen bei Bach melodisch taugt, sind vielfach protestantische, bzw. lutherische Alternativen zum Gregorianischen Choral, teils von Luther selbst komponiert. Auch Bachs Bearbeitungen speisen sich teils aus dem 16. Jh., sein Verdienst liegt in der universalen Betrachtung dieser Melodien und seiner Fähigkeit, diese zu einem harmonischen Gleichgewicht abzurunden.
    Natürlich sind alle diese Kenntnisse über Musikgeschichte letztlich irrelevant bei der Begegnung, wenn man Musik ahistorisch hört. Diese Art zu Hören ist nicht besser oder schlechter, sie hat Vor- und Nachteile.

    Zu ETA Hoffmann:
    Ein universaler Geist. Schriftsteller, Theaterchef, Komponist, gar noch Zeichner.
    Nicht alles von hoher Qualität, aber der rege Geist beeindruckt.
    Das Stück oben ist insofern Brucknerisch, als Hoffmann hier drei (!) Themen vorstellt, davon ein Choralthema (Bruckner!), das dann in der Durchführung mächtig wird. Das habe ich in der Zeit nie gehört.
    Die Streicherfiguren sind sehr anachronistisch, aber sicherlich gibt es in französischen Opern solche Effekte, ich habe das noch nicht zuordnen können, da kennen sich andere besser aus.
    Hoffmanns Musik ist teils epigonal (z. B. seine Sinfonie ist stark an Mozart orientiert), aber auch wieder nicht. Man kann sich durchaus einmal mit Hoffmanns Musik beschäftigen, wobei weniger seine Theatermusik interessant ist, als vielmehr die romantische Oper Undine z. B. – Hoffmann war in der Hinsicht schon früher am Start als Weber.
    Hier ein gutes Album mit der Sinfonie und zwei Ouvertüren (und der Sinfonie in A von Witt, der ja oben schon in der Liste auftaucht)

    (eine sehr interessante Sache: Hoffmann bezeichnet in seiner Rezension der Beethovenschen Fünften Haydn, Mozart und Beethoven als *die* romantischen Komponisten. Jene also, welche als „Wiener Klassik(!)“ heute gelten?
    Man sieht, zeitgenössische Einschätzung widersetzen sich oft der historischen Betrachtung)

    Viele bekannte Geister haben auch komponiert. So auch Nietzsche. Ausflug des Philosophen in die Musik:

    (analog dazu: Ausflug des Komponisten in die Philosophie:)

    Noch ein Nachtrag zu Frau Brillon: Ich hätte wegen der Erwähnung der Mondscheinsonate wahrscheinlich eher diesen Satz verlinken sollen.
    (Bassbewegungen, Mittelteil)

    Es braucht fruchtbaren Boden, damit ein Genie darauf wachsen kann. Die Salons waren sehr fruchtbar. In diesem Zusammenhang empfehle ich auch immer wieder gerne die Musik von Louis Ferdinand (ja genau, der Prinz von Preußen).

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  17. Ich sehe schon, Sie haben leider die akademische Sichtweise in vielen Aspekten vollständig in sich aufgesogen. Oder besser gesagt: Vorlesungsstoff. Denn die akademische Welt geht durchaus kritischer mit den Dingen um, die Sie als Gewißheiten verbreiten. Ja, natürlich gibt es die Affektenlehre. Aber das heißt noch lange nicht, daß diese stringent angewendet worden wäre. Es gab ja sogar konkurrierende Systeme. Aber die akademische Welt liebt natürlich solche Vorläufer, die ihrerseits genauso versucht haben, alles formal zu fassen wie sie selbst.

    Aber das macht es ebensowenig verbindlich wie Einzelaussagen von Komponisten über ihr eigenes Werk. Zudem ist es, wenn es denn kompositorisch zum Einsatz kam (bewußt oder unbewußt durch Kenntnis derselben) eben zum Füllstoff verwendet worden. Dort wo Melodie vorhanden war, mußte man auf drgl. ja auch nicht zurückgreifen. Und man tat es auch nicht. Das erst sind die wirklich großen Werke. Und einmal mehr: Ja, beliebig viele Stücke waren genau auf diese Art konventionell. Die Affektenlehre erklärt aber deshalb noch keineswegs die wirklichen Melodien vor dem Jahr 1800. Daher halte ich solche Sätze wie „wir müssen uns damit abfinden, daß die Menschen damals so und so dachten und fühlten“ für fatal. Es wird weder der Zeit noch den Menschen gerecht.

    Ich bin diesbezüglich begierig dazuzulernen. Geben Sie mir mal ein paar Beispiele, wo akademische Literatur sich um Melodiebildung kümmert. Vielleicht ändere ich ja meine Auffassung. Aber musikhistorisch machen Sie nun wirklich die Schritte deutlich zu grob und irrig zugleich. Der gregorianische Gesang ist eine ganz gewisse liturgische Musik. Freilich hat sich da nicht viel getan, wie in allen religiösen Formen. Aber gotische Musik ist durchaus melodiebildend, strukturbildend usw. ohne etwas mit gregorianischer Musik zu tun zu haben. Auch aus der antiken Musik hat das 16. Jahrhundert natürlich nichts übernommen. Man tut sich selbst heute noch schwer, antike Musik zu rekonstruieren. Das ist etwa wie mit Platon oder Aristoteles im Mittelalter. Man lehrte das, von dem man glaubte, daß es Platon war oder Aristoteles sein sollte, obwohl man lange die Originalschriften gar nicht besaß.

    Daß man beispielsweise di Lasso bis in die hinterste deutsche Dorfkirche kopiert hat und spielte, ist mir durchaus bekannt. Daher habe ich Ihnen ja auch im allgemeinen zugestimmt, wie Sie nicht überlesen haben werden. Sie müssen mich also davon keineswegs noch überzeugen. Allein, und das war mein entscheidender Einwurf gegen Sie, glaube ich eben nicht daran, wie Sie in den ersten Absätzen ja erneut vortragen, daß man früher sehr viel anderes Musik empfunden habe. Hier aber pflichten Sie mir dann plötzlich doch bei, indem Sie sagen, was damals gewirkt habe, finde sich heute auch wieder weit oben in der Beliebtheit. Aber damit widersprechen Sie natürlich Ihrer ganzen vorherigen Ausführung. Gleichwohl ist mir das sehr recht, weil wir ja dann doch dabei sind, daß Melodie universal ist (was abzustreiten ja angesichts des heutigen Repertoires und seiner weltweiten Ähnlichkeit sowie zugleich sich über Jahrhunderte historischer Musik erstreckend auch abstrus ist).

    „Erst im 18. Jh. wird Musik zur „Wegwerfware“, zeitgleich mit dem Niedergang der Improvisation und dem Musikmarkt für Amateure.“ Das ist dermaßen generalisierend und ahistorisch, daß ich es gar nicht kommentieren mag. Einen solchen singulären Schnitt hat es natürlich nie gegeben. Auch was Sie über angebliche Neuheiten des 17. Jahrhunderts im Kontrapunkt sagen, hat nur tendenzielle Richtigkeit, also graduelle. Kontrapunkt hat es seit dem Beginn der abendländischen Musik gegeben und war spätestens seit dem 13./14. Jahrhundert auch von der Melodie beeinflußt.

    Ich weiß auch nicht, warum Sie hier eine Abhandlung über Ihre persönliche Sicht der Musikgeschichte referieren (in Wahrheit die Wiederholung einer Einführungsvorlesung Musikgeschichte). Das hat mit unserer Frage nichts zu tun. Nur weil Sie glauben, irgendein Stück aus älteren Bewegungen der Musikgeschichte ableiten zu können (was im Konkreten höchst zweifelhaft ist und generell sowieso immer in irgend einer Weise geschieht), ändert das nichts an unserem Gegenstand. Vielleicht wollen Sie damit Ihre Kenntnis kundtun. Aber drgl. beeindruckt mich generell nicht, und in diesem Fall der Musikgeschichte, wo Sie mich vielleicht für unbeleckt halten, sehe ich die Mängel Ihrer Darstellung sehr deutlich. Vielleicht sollten Sie sich einmal intensiver mit mittelalterlicher Musik befassen. Da gab es nämlich etwas mehr als nur gregorianischen Gesang.

    Aber auch das ist typisch akademisch, über den Tellerrand nicht hinauszuschauen. Übrigens auch in der Geschichtswissenschaft. Wo man schon von Professoren der Frühen Neuzeit die Idiotie vom dunklen Mittelalter wiederholt hört. Oder, die wie Sie tönende Literaturwissenschaft, die das literarische Genie erst ab 1800 aufkommen sieht, wo jeder Mediävist das anhand des höfischen Romans leicht ins 13. Jahrhundert zurückdatieren kann. Aber auch die Literaturwissenschaftler haben eben nur irgendwann einmal in einer Überblicksvorlesung gesessen und seitdem stolzieren sie voller Anmut nur noch in ihrem 17., 18. oder 19. Jahrhundert herum und halten genau ihr Fach für den Anbruch genialer Literatur aus dem Dunkel der vorigen Einfältigkeit. Was für ein lächerliches Geschichts- und vor allem Menschenbild. Von diesem Trunke, scheint mir, haben auch Sie allzuviel genossen.

    Das Mondschein-Stück hat vielleicht den allgemein etwas leeren Eindruck der Mondscheinsonate. Aber das ausgezeichnete Motiv fehlt nach wie vor. Ich bin also kein Stück mehr überzeugt. Auch nicht durch den Anhang zu den ach so großen Salonkomponisten. Die größten Komponisten, die ich kenne, haben ihre ersten Salons besucht als ihre Musik schon komponiert war (es waren also keine Brutstätten, sondern Durchlauferhitzer). Geschaffen haben sie irgendwo in einem stillen Denkerkämmerlein als sie noch unbekannt waren. Kurz: Diesmal haben Sie mir – verzeihen Sie die Deutlichkeit – viel zu viele akademische Phrasen gedroschen.

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